Tschadische Gastfreundschaft – Lektion 1

„Ja, gern kommen wir nächsten Samstag, weil wir letzten Samstag Malaria hatten. Aber lieber schon um 8.00 statt um 9.00 Uhr, weil wir nachher um 10.00 wieder los müssen.“

Punkt 8.00 Uhr sitzt ein junges Schweizer Ehepaar im Innenhof, Wasser, Tee (für unseren Geschmack viel zu süss, aber wir geben unser Bestes um ihn möglichst tschadisch zu machen) und natürlich Erdnüsschen stehen auf dem Tisch.

Ein Haufen Denkarbeit steckt da dahinter: Sollen wir die Gäste, ebenfalls ein junges, aber tschadisches Paar, in der Wohnung empfangen oder nach tschadischer Sitte im Hof, auch um zu vermeiden, dass sie schockiert sind über unseren Luxus (d.h. Stühle, Tisch, Kühlschrank (seit über einer Woche ohne Strom))? Was tischen wir auf, um sie gut zu bewirten ohne den Massstab so hoch zu setzen, dass sie sich ruinieren müssen wenn sie uns einladen?

9.00 Uhr: Das Schweizer Ehepaar geniesst seit genau einer Stunde einen gemütlichen Samstagmorgen unter dem Schatten eines Baumes. Sollen wir uns Sorgen machen, anrufen? Das letzte Mal haben sie doch 20 Minuten im Voraus abgesagt.

9.30: Die Schweizer rufen die Tschader an, doch das Handy ist entweder ausgeschaltet oder zum Aufladen bei einer generatorbetriebenen Aufladestation (kostet ca. 30 Rappen).

10.00: Tisch, Stühle und Getränke sind fein säuberlich verräumt. Mutmassen und Versuche, das Geschehene zu Verstehen, überbrücken die letzten Minuten.

10.03: Ein nettes tschadisches Paar kommt gerade in den Innenhof. Sie hatten unerwarteten Besuch von Familienangehörigen, just zur gleichen Zeit als das Schweizer Paar unerwartet keinen Besuch hatte.

Merke und denke um: Nicht die Zeit oder die Reihenfolge der vereinbarten Ereignisse bestimmt die Begegnungen, sondern die Begegnungen bestimmen Zeitplan und Reihenfolge der Ereignisse. (Doch auch das hat Grenzen, denn um 11.00 zogen sie wieder los, weil er zur Arbeit musste.)

Es war ein wirklich schönes Treffen. À la prochaine!

Geschenkidee gesucht?

Hast du schon ein Geschenk für dein Götti- oder Gottenkind? Findest du auch, dass dein jüngerer Bruder mal was anderes machen sollte, als nur PS2 spielen? Ist deine Mutter auch so geographieinteressiert wie meine? Findest du nicht auch, dass eine gute Allgemeinbildung wichtig ist? Kannst du ein Kreuzworträtsel oft nicht fertig lösen, weil dir das afrikanische Land fehlt? Willst du einem jungen, initiativen Tschader helfen, seine Schule zu finanzieren?

Wenn du mindestens eine Frage mit “JA” beantwortet hast, lies bitte weiter. (Sonst darfst du hier aufhören!)

Dieser junge Tschader hat niemanden, der ihm sein Schulgeld bezahlt. Da er aber unbedingt später studieren möchte, hat er von einem Schreiner gelernt, wie man diese “Afrika-Puzzles” herstellt. Dies macht er nun und versucht sie zu verkaufen. Da Tschader mehrheitlich kein Geld und Interesse haben, ihm diese abzukaufen, machen wir ein bisschen Werbung für ihn. Wir finden, er macht eine tolle Arbeit, hat einen guten Umgang mit Geld und investiert viel Arbeit für seine Schulbildung.

Er macht diese Puzzles, in gross (bisschen grösser als A4) für 14 sFr. und klein (bisschen kleiner als A4) für 12 sFr. Es ist aus so was wie “Laubsägeliholz” gemacht. Man kann sie entweder unbeschriftet (wie auf der Foto), französischen oder deutschen Ländernamen beschriftet haben. Wer gerne so eines hätte, darf uns eine E-Mail schreiben mit den Angaben zur Grösse und Beschriftung, sowie der genauen Adresse. Wir wissen noch nicht genau, wie wir sie verschicken werden. Und auch nicht, ob es 100% bis Weihnachten reichen könnte. Aber hier im Tschad funktioniert das Leben nach: “We handle the situation when it finds us”. Und wir passen uns an.

Fragen, die das Leben schreibt

Tagtäglich stehen wir vor unzähligen Fragen – wie in der Schweiz, so auch im Tschad. Die folgende Gegenüberstellung stellt die einander gegenüberstehenden Fragen einander gegenüber.

Schweiz (S): Was mach‘ ich bloss heute wieder mit meinen Haaren?

Tschad (T): Sind auch wirklich alle Haare schön unterm Kopftuch?

S: Was könnte ich in den Frühlingsferien bloss machen? Welchen Kurs könnte ich im Februar besuchen? Wann in den nächsten vier Woche könnte ich mich wieder mit meiner besten Freundin treffen?

T: Soll ich ab morgen am einmonatigen Intensivsprachkurs teilnehmen, von dem ich heute erfahren habe? Auch wenn ich 2 Stunden vor Kursbeginn erfahre, dass der Start auf voraussichtlich übermorgen verschoben wird?

S: Wieso kommen meine Sockenpaare immer als Singles aus der Waschmaschine?

T: Socken? Waschmaschine?

S: Welches der 15 Waschmittel passt zu welchem der 13 Weichspüler und zu unserer heutigen Wäsche?

T: Sollen wir unsere Kleider lieber täglich von Hand waschen, oder warten wir bis wir eine Maschinenladung zusammen haben, diese frei ist, es Stadtstrom und genügend Wasserdruck hat? Oder sind alle unsere Kleider vorher aufgebraucht und wir müssen die ganze Ladung aufs Mal von Hand waschen?

S: Es ist so kalt, was zieh ich bloss an?

T: Es ist so heiss, warum zieh ich das an?

S: Wann beglückt der Postbote unseren Briefkasten mal wieder mit Briefen mit handgeschriebener Adresse anstatt Rechnungen und Werbung?

T: Postbote? Briefkasten? Wann können wir das nächste Mal im Postzentrum vorbei schauen, ob es vielleicht einen Brief für uns hat? Warum ist die Postaufgabe und Postausgabe in zwei verschiedenen Gebäuden?

S: Was läuft gerade im Kino?

T: Gehen wir am Dienstag den Film im Centre Culturel Français schauen, wo wir doch schon in der Hauptstadt sind?

S: Soll ich im Zug meine Füsse auf der 20Minuten oder dem Blick am Abend hochlagern?

T: Werden wir es wohl erfahren, wenn irgendwo etwas weltbewegendes passiert?

S: Wie wird das Wetter wohl heute?

T: Wann ändert das Wetter endlich?

S: Was macht der Eurokurs?

T: Wann beginnt der Arabischkurs?

S: Um 17.55 Uhr: Was könnten wir einkaufen und kochen, damit wir um 18:15 Uhr essen können?

T: Was könnte ich heute um 16 Uhr kaufen, um es morgen um 10 Uhr in den Solarofen zu legen, damit ich vielleicht um 13 Uhr essen kann (falls es nicht bewölkt ist)? Oder sollen wir doch das Gas brauchen? Aber wenn es noch lange keinen Gasnachschub in der Stadt gibt? Und überhaupt: was kochen wir eigentlich ohne Käse oder Rahm?

S: Kann ich AUSSCHLIESSLICH reduzierte Artikel kaufen, und trotzdem ein feines Menue zusammenstellen?

T: Wie kommt es, dass ich einmal 4 und einmal 7 Tomaten für den selben Betrag bekomme?

S: Wie verstecke ich bloss meine Schwitzflecken?

T: Warum schwitzen auch Tschader, die doch seit Geburt an die Hitze gewöhnt sein sollten?

S: Soll ich den 05, 13, 21, 29, 37 oder 55 Bus nehmen?

T: Soll ich zu Fuss gehen oder nehme ich das Taxi für 40 Rp.?

S: Entschuldigung, ist hier noch frei?

T: Soll ich (Anja) im Taxi vorne einsteigen, wo der eine Beifahrersitz bereits von einer Frau angewärmt wird, oder hinten, wo es leer ist – mit dem Risiko, dass ein Mann zusteigt?

S: Wie gefällt mir wohl die neue Winterkollektion?

T: Winter? Kollektion?

S: Bringt LC1 meinen Darm wieder zum Florieren?

T: Wieviele von diesen bitteren Blätter kriege ich runter, die meinen Durchfall heilen sollten? Oder probiere ich es doch lieber mit Bananen?

S: Kaufe ich Max Havelaar oder Chiquita?

T: Wieviele Bananen pro Tag kann man eigentlich essen, bis man total verstopft ist?

S: Wie wär‘s mal wieder mit Johannis-, Brom-, Him-, Stachel- oder Erdbeer- oder Quitten-, Aprikosen-, Rhabarber-, Mirabellen- oder Holunderconfiture? Oder doch Lavendelblütenhonig aus der Provence?

T: Leisten wir uns im Ausländerladen für 6-7 sFr. Konfitüre für aufs morgendliche trockene Baguette oder streichen wir einfach Bananen drauf? Wann war ich eigentlich das letzte mal auf dem Klo? Und was mach ich bloss mit den drei gerösteten Heuschrecken, die plötzlich auf meinem Teller neben meinem Erdnussbrötli liegen?

S: Wie werde ich das viele Münz los, das mein Portemonnaie so dick macht, als würde es sich nur von Bananen und Erdnussbutter ernähren?

T: Wie verwandle ich bloss meine riesigen Noten (die grösste ist CHF 20.- wert) in kleines Münz fürs Taxi?

S: Wie schaffen wir den Atomausstieg wenn alle täglich ihre Smart(?)phones aufladen müssen?

T: Hat es Strom heute?

S: Wie viele Megapixel haben die neusten Kameras auf dem Markt?

T: Wird das Word-doc im Anhang des Mails wohl durch die Leitung passen?

S: Kannst du schnell auf dem iPhone schauen wo der nächste Starbucks ist?

T: Hat er mir eine korrekte Wegbeschreibung gegeben oder weiss er es selber nicht und hat  anstandshalber einfach irgendetwas gesagt? (Aber ich bin ja selber schuld, ich hätte ihn ja nicht so direkt fragen müssen…)

S: Tofu, Vegischnitzel oder Quorn?

T: Wie erkläre ich diesmal, dass ich Fleisch und Fisch immer noch nicht mag? Oder merkt es vielleicht niemand, wenn ich es einfach weglasse?

S + T: wie geht es meinen Freunden hier und dort?

Nishiif bas

Mit dem Satz im Titel wimmeln wir alle Stoffe ab, die uns, bzw. Anja, angeboten werden: „ich lueg nume.“ Und es gibt viel wahrzunehmen für den Sehsinn!

An sich wären auf dem marché central die Haufen Stoffe in allen Formen, Verarbeitungsgraden und Farben bereits zu viel für zwei Augen, die dem selben Gehirn angeschlossen sind. Da wären zwei Gehirne und ein Auge deutlich aufnahmefähiger. Dazu kommen aber noch Unmengen von anderen kleinen und grossen Artikeln, die einem angeboten werden. Aus dem Sortiment: Thermoskrüge, Unterhosen, Batterien, Nagellackentferner, Kopftücher, Datteln, Werkzeug, Handys, Offenfleisch, Möbel, Tomaten, selbstgezimmerte Holzkickboards (Traum eines jeden Reformhauskunden), Teppiche, Putzmittel, Getränke. Kurz: Alles, und das an allen Tagen.

Viel Stoff gibt es zu kaufen, weil frau sich in viel Stoff einhüllen mussollte.

Kopf-, sprich Haarbedeckung ist Pflicht im Norden des Landes und im Nordteil der Hauptstadt. Variante soft: Grosses Kleid mit Kopftuch. Variante real: frau nehme 4 Meter Stoff und verpuppe sich darin. Damit frau dabei nicht friert, trägt sie darunter natürlich auch ein Kleid. Das ganze kann mit einem schönen Stoff (namens „Laffaye“, z.B aus der galérie laffayette) nach schönem Stoff aussehen. Übrigens: wie hiess schon wieder das Lieblingskleid der Frau von Peter Laffay?

Doch mann lässt sich auch nicht lumpen(!). Im Süden „in“ sind die sogenannten „contre vestes“, Anzüge mit Kurzen Ärmeln. Anfangs fürs Auge gewöhnungsbedürftig, aber eigentlich einfach klimatisch angepasste Eleganz. Im Norden ist aber das Strassenbild eher von Jalabiyas geprägt, ein RIESEN Hemd, das man nicht in die dazugehörige Pijamahose ineschoppet. In allen Farben, möglichst gewachst (damit glänzig und gschtabig), zuweilen mit Schnickereien am Kragen.

Diese Woche haben wir Stoff gekauft und Schneidern zur Verarbeitung anvertraut – wir sind gespannt!

Wie diese wallenden Gewänder auf Motorrädern und Velos aussehen, müsst ihr euch vorstellen, denn wir dürfen nicht einfach so rumfotografieren. Das hat verschiedene Gründe. Einerseits mögen es die Leute nicht, abgeknipst zu werden ohne zu wissen, was mit den Bilden gemacht wird (werden sie oder das Land negativ dargestellt, wird es für missbräuchliche Spendenaufrufe verwendet…? ). Andrerseits gibt es auch Gebäude, Brücken etc., die aus Sicherheitsgründen nicht fotografiert werden dürfen.

Somit müsst ihr euch weiterhin unvorstellbare Sachen vorstellen. Zum Beispiel einen Bettler mit lahmen Beinen, der sich über die dicht befahrene doppelspurige Strasse schleppt, Bananen, Holzbündel, Zementsäcke, Schulheftstapel – alles auf den Köpfen transportiert, bis unter und weit übers Dach beladene Fahrzeuge oder eine fünfköpfige Familie auf einem Motorrad. Dazu Fussgängerstreifen, die in der Strassenmitte durch kleine Hecken unterbrochen sind und eine Tafel, auf der „Ice Scream“ angepriesen wird – denn bei dieser Hitze schreien alle nach Eis.

Wunderschön ist der Sonnenuntergang über dem Fluss Chari. Wunderschön sind auch die Schmetterlinge und die zahllosen Geckos, die unermüdlich Liegestützen trainieren. Noch zahlloser sind die Heuschrecken, die in alle Richtungen davonspringen sobald man einen Fuss auf bewachsene Erde setzt. Letztere werden jetzt, gegen Ende der Regenzeit, von Kindern in Petflaschen eingesammelt, geröstet und verzehrt. In diesem Artikel können wir dazu aber nur sagen: Das Auge isst mit.

N'Djaména – feel it!

Nach dem taste-sense nun der Tast-Sinn. Ein wichtiger Sinn hier, vor Allem wenn er bei fehlendem Strom den Sehsinn ersetzen muss. Gut, dass es Stirnlampen etc. gibt zum Abendessen kochen und essen, duschen und lesen. Soeben wurde aber der Generator von unserem Haus angeworfen und wir können diesen Eintrag schreiben. Im Moment ist es stürmisch draussen, was uns an unseren ersten Sandsturm erinnert, den wir etwas ausserhalb der Stadt gefühlt haben. Sandpeeling und Langzeiteffekt inklusive – der Sand sitzt noch Stunden später in allen Ritzen und Falten. Aus den Schweissporen wurde er aber relativ schnell wieder herausgespült. Es erstaunt nicht, dass es überall sandstaubig ist; für CH-Verhältnisse müsste man hier die ganze Wohnung mehrmals täglich abstauben. Wind ist aber grundsätzlich sehr willkommen, bringt er doch ein bisschen Abkühlung und lässt uns auf Regen hoffen (und die feuchte Hitze nach dem Regen ausblenden). Manchmal simulieren wir Wind und Regen in unserem Mikroklima zu Hause: zum Einschlafen alle Extremitäten anfeuchten und bei Strom sogar mit Ventilator abkühlen. Bisher das Höchste des Gefühlten hier. Ganz anders steht es mit Körperwinden. Man muss sich unbedingt winden um solche zu verklemmen, denn sie gelten als sehr unhöflich. Ganz neue Gefühle beschert uns die überdurchschnittliche Durchschnittstemperatur: sogar unter dem luftigsten Rock rinnt eine Schweissperle dem Bein nach abwärts und auch ohne sportliche Betätigung ist man regelmässig nicht nur unter den Armen nassgeschwitzt. Beruhigend ist jedoch, dass auch die Tschader Schwitzer wie wir sind. Die meteorologischen Verhältnisse vergrössern auch die Distanz zwischen den Menschen, sogar zwischen Ehepartnern: bei 39° in der Luft und eigenen 37° würden weitere 37° einen zum Kochen bringen. Die kulturellen Verhältnisse würden in der Öffentlichkeit solche Nähe zwischen uns auch nicht erlauben. Wie jede Regel hat aber auch diese eine Ausnahme: den öf(f)entlichen Verkehr (siehe vorletzter Artikel). Ausserdem sieht man immer wieder händchenhaltende Männer durch die Strassen gehen (ein Zeichen von Freundschaft). Wie auf allen Märkten dieser Welt, gibt es Menschen, die für ihr tägliches Einkommen auf den Tastsinn angewiesen sind, sogenannte Tastendiebe, die im Gedränge besser gespürt als gesehen werden können. Diesmal sind wir mit Anjas blauen Augen davongekommen. Auf dem Markt sind aber auch wir auf den Tastsinn angewiesen um die Beschaffenheit der Stoffe zu erspüren, da man a) am besten reine Baumwolle trägt und b) auf die Frage, ob es wirklich 100% Baumwolle ist, stets Zustimmung erntet. Zu guter Letzt noch zwei bestechende Empfindungen: die einen lassen einen zum No-Skito-Spray greifen, um den anderen könnte Anja Simon Honig schmieren.

Sinn City mit Geschmack

Den folgenden Artikel müsst ihr euch auf der Zunge zergehen lassen und an die zuständigen Rezeptoren weiterleiten. Diejenigen, die die Rezept-Ohren schon aufsperren, müssen wir enttäuschen, so weit sind wir noch nicht.

Anjas Vorwehen hätten sich verstärkt, wenn wir damals bereits einen Reiseführer zur Hand gehabt hätten: „Les Tchadiens consomment beaucoup de viande, mais peu de légume. Au cœur de la cuisine tchadienne se trouve la boule, qu’elle soit de mil, sorgho, riz ou fonio. Le Tchad étant un pays de grande tradition d’élevage, on y mange beaucoup de viande grillée: de la chèvre, du poulet, du mouton, du bœuf, du zébu et plus rarement du dromadaire. (…) La viande tchadienne est d’excellente qualité et n’a rien à envier à la viande argentine“. Dazu kommt der Umstand, dass N’Djaména am Fluss Chari liegt, welchem auch das häufige Auftreten von Fisch in den Gerichten zugrunde schwimmt.

In den ersten zwei Wochen konnten wir an einer Ausbildung für LehrerInnen teilnehmen und das Mittagessen war inklusiv in den 20.- Kurskosten. Das Prinzip der Menus ist, soweit wir das beurteilen können, recht simpel: es gibt etwas wie Boule (Hirse-/Maisbreiklumpen), Reis oder seltener Teigwaren und dazu eine Sauce. Letztere ist dann auch das, was Anja im Voraus (was schwimmt wohl diesmal darin?) und teilweise auch im Nachhinein Bauchschmerzen bereitet. Der erhoffte Effekt des mutigen, herzhaften Reinbeissens (ohoo, das schmeckt ja doch!) ist leider ausgeblieben. Somit stehen wir vor der Herausforderung, mittels Gestik und gegebenenfalls Sprachkenntnissen das Mahl zu würdigen, ohne den Gastgeber zu beschämen, während Simon Anjas Fleisch und gegebenenfalls Anja Simons Salat isst.

„La boule“ haben wir nur so salopp erwähnt. Anja findet diese nahr-, Simon auch schmackhaft. In grossen Mengen im Teller vorliegend kann sie aber eine Herausforderung darstellen.

Ansonsten haben wir in den ersten Tagen mit „Beignets“ und Tee Bekannt- bis Freundschaft geschlossen. Erstere sind  kugelrunde „Schenkeli“ die es hier nicht zur Fasnachtszeit, sondern zum Zmorge und Znüni gibt. Letzteren, handelsüblich in den Versionen „rouge“ und „vert“, haben wir zu Hause versucht nachzuahmen, doch wegen zu zaghafter Zuckerdosenhandhabung gelang uns nur eine Annäherung ans Original.

Extrem handelsüblich ist hier alles, was Erdnüsse enthält (-Paste, -Butter, -Öl). Dagegen ist Milch nur als Pulver erhältlich und Milchprodukte sind rar und teuer. Wir haben aber noch lange nicht alles entdeckt – und wollen auch nicht koste was es wolle alles Entdeckte (z.B. geröstete Insekten) kosten.

Der Akt des Essens an sich verdient hier noch ein paar Zeilen, um seiner erst erahnten Bedeutung annähernd Rechnung zu tragen. Man isst nicht überall einfach so, wenn es einem gerade in den Sinn oder in die Hand kommt. Essen ist ein Gemeinschaftsereignis und findet daher nur dann statt, wenn alle, für die es reicht, anwesend sind. Es ist unanständig bei Hunger oder „Gluscht“ in der Öffentlichkeit, z.B. auf dem Markt, seine Banane zu essen, wenn nicht alle 751 Anwesenden auch eine kriegen. Essen ist auch das „Zentrum“ der Gastfreundschaft. Dazu gehört auch das (sehr teure) „Coca“, das dem Gast gereicht wird. Eine willkommene Abwechslung zum Filterwasser, das wir überallhin mitschleppen um schwimmenden Krankheitserregern zu entgehen. Übrigens: Eisteepulver (classic) teilt gern den Umschlagsplatz mit einem Brief, neben der Fajita-Saucen Gewürzmischung.

By the way: Hat jemand eine Ahnung, woran es einem mangelt, wenn es einem nach dem Sitzen (auf)ständig schwarz vor Augen wird?

 

Was uns diese Woche sonst noch beschäftigt:

Welche pädagogischen, soziokulturellanimatorischen und linguistischen Projekte sollen wir in Angriff nehmen? Wie viel Zeit und Hirnzellen sollen wir dem Tschadarabischen widmen (Intensivkurs, Sprachhelfer, Selbststudium)? Wie kommen wir mit unseren Nachbarn in Kontakt? Wo befindet sich eigentlich der Hauptschalter der Heizung hier im Haus?

N'Djaména – immer der Nase nach

Im Folgenden werden wir beschreiben, wo man hinkommt, wenn man hier in der Stadt der Nase nach geht.

Da wir (noch?) kein Fahrzeug besitzen, hatten wir schon mehrere Male die Gelegenheit auf N’Djaménas Strassen zu gehen. Wir orientieren uns dabei hauptsächlich an den geteerten Strassen (die übrigens jeden Morgen mit dem Besen vom Sand befreit werden). Neben uns Fussgängern gibt es Autos, Mofas, Fahrräder, Pferdefuhrwerke und Handwagen, alles neben- beziehungsweise durcheinander. Einem sehr verbreiteten Duft folgend, wird man auf ungeteerte Nebenstrassen geführt. Der sandige Boden kann den in der ausklingenden Regenzeit fallenden Regen nur sehr langsam aufnehmen. Dadurch bilden sich anseenliche „Günten“ und andere Lachen. Dies führt in Kombination mit Abfall und beträchtlicher Hitze zu einem „Open-Air“-ähnlichen Geruch. Das gleiche geologische Phänomen lässt sogar nüchterne Europäer im Auto tanzen, verursacht also nicht Kopf-, sondern Ganzkörperschütteln.

Folgt die Nase dem Geruch der Abgase, führt sie einen unweigerlich in einen Auspuff hinein. Ein solcher Auspuff gehört sehr wahrscheinlich einem der unzähligen Taxis oder Minibusse, die auf den Hauptachsen unterwegs sind. Beide fahren eine bestimmte (?) Linie, die aber weder auf den Fahrzeugen, geschweige denn auf irgendeiner offiziellen Karte erkennbar ist. Nun hat die Nase die Wahl, ob sie für 40 Rp. die Luft im Taxi mit 6 anderen Nasen, oder für 30 Rp. die Luft im Bus mit 17 andern Nasen teilen möchte. (Solange nicht alle 5 Plätze mit 7 Personen besetzt sind, gilt ein Taxi nicht als voll.) Ein solches Fahrzeug könnte bei den hiesigen Temperaturen durchaus mit einer Schweissanlage verwechselt werden. Um so dankbarer sind wir für die Dusche in unserem Gästehaus, ein Privileg, das wir höchstwahrscheinlich mit einem sehr kleinen Prozentsatz der Stadtmitbewohner teilen.

Wenn man einer bunten Duftmischung folgt, steigt man am besten beim grossen Markt wieder aus. Hier hat auch die Nase Probleme mit der Orientierung und kommt an Datteln und Erdnüssen, rohem und gebratenem Fleisch, Früchten und Gemüse, Gewürzen und Seife vorbei.

Als Vorgeschmack auf einen der nächsten Sinne sei hier abschliessend erwähnt, dass der Geruchsinn zuweilen von Staubkörnern als Tastsinn missbraucht wird.

N'Djaména – unerhört klangbunt

Dies ist der erste Eintrag aus unserer Serie „durch N’Djaména mit den 5 Sinnen“. Wir wollen euch ja nach all den Vorwehen und anderen nicht empirisch basierten Artikeln wortwörtlich sinnvolle Informationen liefern. Erstmals in Ruhe(?) die Stadt wahrnehmen, konnten wir mit dem Gehör, als wir in der Nacht unserer Ankunft im Gästehaus im Bett lagen. Auf beiden Seiten des Zimmers Fenster zu haben, hat seine Vorteile: nicht nur ein bisschen mehr Licht sondern auch – aah – etwas Durchzug. Anscheinend hat jede Medaille zwei Seiten. Die Kehrseite unserer Medaille ist Lärm von beiden Seiten: Generator rechts, Strassenlärm links.

Um Erstere ist man hier froh, da im städtischen Netz nur gelegentlich Strom strömt. Bisher ist kein konsequentes Muster erkennbar, wann wir mit Strom rechnen können. Ausser wenn unser Generator von 19.00 bis 21.00 läuft (allerdings ist es bereits um 18.00 (mit CH-Sommerzeit 19.00) ziemlich dunkel).

Letzterer ist nicht schön „schweizerisch“ geregelt. Daher ist es niemandem zu verübeln, wenn er sich der Hupe bedient, um den anderen Verkehrsteilnehmern mitzuteilen, dass er auch da ist. Die einzige Regel, die konsequent eingehalten wird, ist: Wer in den Kreisel fährt hat Vortritt gegenüber dem Fahrzeug, das im Kreisel ist. Kurz: alle dürfen rein, keiner darf raus.

Des Weiteren sind erstmals noch vor dem Morgengrauen (ca. 04.00) die lauten Laute des Muezzins zu hören. Dazu kommen die herrenlosen, herumstreunenden Hunde, von denen man nicht viel vernimmt, es sei denn, dass sie gerade wenn wir einschlafen wollen an einer Reviergrenze aufeinandertreffen… Die anderen Tierli, die Grillen, sind unseren Ohren schon sympathischer. Hauptsache wir hören nicht eine Mücke, die es irgendwie unter das Moskitonetz geschafft hat. Trotz der Kehrseite haben wir in Anbetracht der Hitze noch keinen Moment daran gedacht, auch nur eines der beiden Fenster zu schliessen und kehren uns kurz nach 04.00 nochmals auf die andere Seite.

Tags sind Handy-Klingeltöne ein vorherrschendes Geräusch. Nicht nur die Teilnehmer, sondern auch der Ausbildner in der Lehrerweiterbildung, an der wir teilnehmen, spazieren ungeniert aus dem Saal, wenn ihr Handy klingelt. Wie es scheint, ist es wichtig das Handy dabei zu haben – weil man es im Schulzimmer eher aufladen kann.

Gewöhnungsbedürftig für unserohrs ist „l’accent africain“: rollendes „r“ und kaum wahrnehmbare Unterschiede zwischen é und e, o und ô, die wir ja schon so nicht gut unterscheiden können. Dazu abgehacktes Reden und Redewendungen, die also nicht im „on y va“ vorkommen: Merkwürdiges aber Vielsagendes wie „ça va un peu?“, „c’est maintenant?“ oder Hochtrabendes wie „tandis que“ und „comme j’ai dit tantôt“.

Abschliessend ist zu sagen, dass wir uns immer freuen, von euch zu hören – wir haben nun auch 2(!) Handy-Nummern und eine Post-Adresse, die per E-Mail-Anfrage erhältlich sind.

Tag 1

Tag 1

 

Also eigentlich Nacht 1. Von wegen trockene Hitze, da haben wir uns etwas Schönes vorgegaukelt. Ob es ein Tropfen war oder einfach kondensierte Luftfeuchtigkeit, was ich spürte, als wir in N’Djaména ausstiegen, ist schwer zu sagen. Jedenfalls ist es feucht hier. Ansonsten: Reise und Einreise liefen wie am Schnürchen, wir wurden herzlich willkommen geheissen und das Gästehaus, in dem wir wohnen ist ganz gemütlich. Trotz Hitze, Feuchtigkeit, Generator und Strassenlärm haben wir gut geschlafen.

Heute morgen, am Tag 2 regnet es gerade. Eigentlich werden wir kurz nach 9.00 abgeholt um die Einreiseformalitäten zu erledigen, aber da es nun kurz nach 10.00 ist, nutze ich die Zeit für einen ersten Blogeintrag auf tschadischem Boden. Und um mir bewusst zu machen, dass die Zeit hier dem Ereignis untergeordnet ist. Also das Gegenteil des helvetischen Konzepts…

Im Prinzip

Ich bin ein richtiger Prinzipien-Mensch. Vielleicht hat es damit zu tun, dass ich nicht all zu gerne Entscheidungen treffe. Und Prinzipien ersparen Entscheidungen. Z.B.: Wenn ich aus Prinzip keine Leggins trage, muss ich mir nicht immer wieder überlegen, ob ich mir vielleicht doch eine kaufen sollte. Sondern ich kaufe aus Prinzip keine, auch wenn ich mittlerweile Leggins teilweise sogar schön finde.

Prinzipien erleichtern mir das Leben. Schön und gut. Aber wann kommt der Zeitpunkt, wo ein Prinzip nicht mehr aktuell oder passend ist? Ist es prinzipiell möglich, Prinzipien über den Haufen werfen? Es ist schliesslich (vermeintlich?) ein Teil meiner Identität und wer schneidet schon gern ein Stück von sich selber ab. Man kann sich schliesslich nur von anderen eine Scheibe abschneiden.

So bereitet es mir denn auch mittlere Bauchschmerzen, dass ich im Hinblick auf den Tschad bereits drei meiner lang gehegten Prinzipen aufgegeben habe. Ohne diese drei Prinzipen fehlt irgend etwas, also eigentlich bin ich überhaupt nicht mehr dieselbe. Oder?

Prinzip 1: Ich trage keine Flip-Flops

Stimmt nicht mehr – ich musste nämlich heute ein Paar kaufen. Meine guten Flip-Flop-Alternative-Schlärpchen gingen nämlich gestern kaputt. Da man im Tschad anscheinend hauptsächlich Flip-Flops trägt (wir sollen für das ganze Jahr 2-3 Paar Socken mitnehmen!), werde ich mich wohl anpassen.

Aber ich habe tatsächlich noch gar nie in meinem Leben Flip-Flops getragen. Okay, zugegeben. Einmal, in Italien in den Ferien, wollte ich nicht barfuss auf die Hafentoilette (das ist wahrscheinlich für alle verständlich). Da hat mir eine Freundin ihre Flip-Flops ausgeliehen und ich habe sie in meiner Not genommen. Aber ich hatte schon damals das Gefühl, dass die nicht bequem sind. Und gerade jetzt, beim Probetragen meiner ersten Flip-Flops frage ich mich:

Werde ich nun für dieses Prinzip bestraft? Muss ich so viele Jahre schmerzende Zehen aushalten, wie ich mich geweigert habe in Flip-Flops zu steigen, bzw. einzufädeln?

Prinzip 2: Ich habe kein Handy

Dieses Prinzip ist noch nicht ganz aufgegeben, aber Simi hat mich schon fast überzeugt, dass ich im Tschad ein Handy brauchen werde. Das hätten dort alle. Und da es in unserer Wohnung(?) kein Strom für Festnetzanschlüsse gäbe und auch das mit dem Internet nicht einwandfrei funktioniere, sei ein Handy wichtig, um Kontakt mit den Tschadern zu haben.

Was soll ich bloss dazu sagen??? Ausserdem habe ich mein Prinzip während meines Frankreichaufenthaltes aus ähnlichen Gründen schon einmal gebrochen.

Vielleicht formuliere ich mein Prinzip einfach um in: Ich habe kein Handy in der Schweiz.

Prinzip 3: Ich esse kein Fleisch

… und weil ich weiss, dass es mir nicht schmeckt, probiere ich es auch nicht. Da dieses Prinzip im Tschad (fast) unmöglich zu halten ist, habe ich es bereits letzte Woche gebrochen, sozusagen als Vorbereitung. Wir waren nämlich bei Eritreern (wie schreibt man das bloss??) eingeladen und es gab richtigen „African Food“. Da das Fleisch schneller auf meinem Teller war, als ich mich auf Pantomimisch verständigen konnte, habe ich es einfach gegessen. Tatsächlich.

Aber geschmeckt hat es also nicht.

Ihr seht, ich bin nicht mehr die Alte (gut, mit meinen 25 Jährchen hätte das auch noch nie jemand von mir behaupten können), aber solange ich noch keine Leggins trage, was sich in diesem Jahr bestimmt nicht ändert, bin ich immerhin noch erkennbar.

lissa ma na`arif kalaam `arab

Ich habe jetzt ja Zeit. Was mache ich da sinnvolles? Genau, ich lerne Arabisch. Da ich mich nicht so auf das Französisch verlassen will (da dies nur die gebildeteren Leute sprechen können), habe ich mir ein „Arabe du Tchad“ Lehrmittel besorgt. Das ganze hat sehr motiviert angefangen, ich meine, es ist ja kein Problem, eine neue Sprache zu lernen. Zum Beispiel für Englisch und Spanisch, da lernt man einfach ein paar Wörtchen, die man sowieso von irgendwoher ableiten kann, und man hat bereits das Gefühl, man könne sich immerhin verständigen. Nun ja, mit germanischen und lateinischen Sprachen mag das ja ungefähr so funktionieren.

Aber dann habe ich herausgefunden, dass die Sprache die ich lernen will, die Verben „sein“ und „haben“ nicht kennt.

 

„Mein Haus ist dort.“ wird folglich zu „Mein Haus — dort.“

 

Als nächstes fand ich dann raus, dass es irgendwie auch keine Personal- und Possessivpronomen zu geben scheint. Statt dessen kleben sie die Personen mit Hilfe irgendwelchen „u’s“ und „i’s“ irgendwo an irgendwelche Wörter an (obwohl die Wörter schon „u’s“ und „i’s“ drinhaben).

 

„Mein Haus — dort“ wird folglich zu „— Haus — dort.“

 

Deshalb ist es durchaus normal, dass ein Satz, der auf Deutsch 5 Wörter hat, in Arabisch nur noch gerade zwei Wörter enthält.

 

Weitere Rätsel ergeben sich durch die Regel, wie man Nomen von der Einzahl in die Mehrzahl verwandelt. Ups, habe ich eben Regel geschrieben? Ich glaube mittlerweile, dass es keine gibt. Ich habe heute systematisch nach einer Regel gesucht, aber es scheint so, als müsste man alle Wörter in der Einzahl sowie in der Mehrzahl lernen.

Hier einige Beispiele:

beet sg. (Haus – müsste das nicht ein Bett oder immerhin ein Beet sein?)

buyuut pl. (Häuser)

 

jawaad sg. (Pferd)

kheel pl. (Pferde)

 

gardi sg. (Wächter)

gardiyiin pl. (Wächter)

 

deef sg. (Besucher)

diifan pl. (Besucher)

 

Gut, wenn ich jetzt so das Deutsche anschaue, scheint das auch nicht ganz einfach und logisch zu funktionieren…

 

Zu all diesen grammatischen Schwierigkeiten kommt noch die Schrift (mich ihrer zu widmen verschiebe ich noch ein bisschen) und die Aussprache. Ich habe immer gedacht, dass wir schweizerdeutsch Sprechenden doch ziemlich alle „krassen“ Buchstaben können (ausser dem Englischen „th“, das auch bei uns sich meist nach „s“, „d“ oder „f“ anhört). Aber auch hier habe ich mich schrecklich geirrt. Da gibt es einen Buchstaben (besser einen „Hals- und Gurgeliverrenker“) der nennt sich „ain“. Um den auszusprechen muss man den Kiefer so weit nach hinten drücken, bis man das grösstmögliche Doppelkinn erreicht und dann versuchen so weit hinten wie nur möglich „ain“ zu sagen. Richtig, es tut sogar weh, wenn man das korrekt machen will! (Im Titel des Textes hat es zwei Apostrophe. Dort müsste man jeweils das folgende “a” wie oben erklärt aussprechen.)

Ansonsten fährt man relativ gut, wenn man es mit Zürcherdialekt probiert. Zum Beispiel das Wort „tayaara“ (Flugzeug) hört sich dann schon ziemlich echt an.

 

Ich höre an dieser Stelle auf, über weitere Besonderheiten dieser Sprache zu schreiben.

 

1. Erzählt meine Schilderungen nicht als „die Wahrheit“ weiter! Ich hoffe nämlich, dass sie das nicht ist und dass sich einige meiner unlösbaren Rätsel irgendwann doch noch lösen werden.

2. Mit jeder weiteren Lektion die ich in Angriff nehme, tauchen weitere unerklärliche Sprachphänomene auf, der Text würde also gar kein natürliches Ende nehmen.

 

Vorwehen zum Zweiten

Als Mann von Vorwehen zu reden fühlt sich eigentümlich an, aber ihr versteht mich ja richtig. Wie dem auch sei, ich schulde euch meine Befindlichkeit (eben nicht die körperliche),  um die wir den letzten Artikel auf Kosten grösserer Länge gekürzt haben.

Ich muss vorausschicken, dass ich schon mal im Tschad war, im schönen Örtchen mit dem Namen Mongo, einige Autostunden und unzählige Schlaglöcher weiter östlich von der Hauptstadt N’Djaména.

Dieses Örtchen ist nicht zu verwechseln mit den „Örtchen“, die in Tschad-Arabisch „wara-beet“ heissen (wörtlich übersetzt: hinterm Haus, ein treffender Ausdruck für diese WCs ohne „W“).

Damals, im Sommer 2007, machte ich ein Praktikum in Sprachforschung, da ich ja Allgemeine Sprachwissenschaft studierte. Es ging um „Ubu“, eine der ca. 135 Sprachen (untereinander teilweise nur so nah verwandt wie Chinesisch und Russisch), die von ca. 6000 Leuten (den „Ubis“) in ein paar Dörfern gesprochen wird. So bin ich bereits in den Genuss von tschadischer Gastfreundschaft und Kulinahrung (frischer Honig zum Selber-Kauen, geröstete Termiten…) gekommen, habe das Fussballspiel zweier Lokalmannschaften von Mongo (während dessen sich Esel auf das Spielfeld verirrten) gesehen und habe gelernt, mit dem begrenzten Strom auf dem Labtop in meinen Mails die Worte bedacht zu wählen, während ich die Kilobytes zählte um nicht den Mailverkehr via Funk zu überlasten. Ebenfalls habe ich damals zu dem, was ich aus dem Uni-Arabischstudium mitbringe, auch die ersten Tschadarabischen Brocken gelernt (der Dialekt-Unterschied ist ganz schön gross).

 

Somit ist mir das Ganze nicht ganz so fremd wie Anja. Dennoch glaube ich, dass es eine herausfordernde Sache wird. Und das wollten wir ja.

Neu wird für mich dann das Leben in N’Djaména. Zu meiner Ernüchterung musste ich kürzlich vernehmen, dass diese Hauptstadt nach Luanda (Angola) und Tokyo die dritt teuerste für Ausländer sei. Dies gemäss einer Studie von „Mercer“: http://www.mercer.com/press-releases/1311145

Die Erklärung dafür ist, dass insbesondere das Wohnen extrem teuer ist. Der Tschad hat wie Angola einen Ölboom erlebt seit 2003 im Süden Erdölfelder erschlossen worden sind. Weil damit innert kurzer Zeit viele gutbetuchte Ausländer kamen, sind Hotels, Restaurants und Import-Luxus-Güter knapp – und damit den „Marktgesetzen“ entsprechend teuer. Diese Erklärung schreibt die Konkurrenz von „mercer“, „the economist“: http://www.economist.com/blogs/newsbook/2010/06/africas_expensive_cities

Da wir aber noch nie etwas von Hilton hielten, werden wir uns nicht auf so teure Betten betten und hoffen, dass „the economist“ Recht hat in Sachen teure Stadt. Dort erschien N’Djaména nämlich 2010 nicht einmal auf der Liste.

Doch was bleibt, ist die Frage, wie nahe an der einfachen Bevölkerung ich leben kann ohne überfordert und nicht mehr besonders arbeitstauglich zu sein. Jedenfalls wünsche ich mir „nahe“ Begegnungen und bin sicher, dass dies viele Unannehmlichkeiten und Herausforderungen wert ist.

Apropos Herausforderung: Wie sieht das Eheleben aus, das ich nun seit über einem Jahr so geniesse, wenn Geschlechtertrennung an der Tagesordnung ist? Wir wollen uns auch als Paar herausfordern lassen, aber eigentlich haben wir uns das anders vorgestellt ; )

Herausfordernd finde ich im Moment auch den Gedanken, nicht wirklich zu wissen, was ich dann dort machen werde. Werde ich einen Weg finden, mich einzubringen, mich nützlich zu machen? Gelingt es mir, den Anteil „Schweizer Kultur“ bei dem, was ich vermitteln darf, gering zu halten? Und das alles auf Augenhöhe, in irgendwie ausgeglichenen Beziehungen? Und das obwohl ich relativ extrem bleich bin unter Tschadern und „nicht aus meiner Haut kann“? Fragen über Fragen…

 

Simons Befindlichkeit zusammengefasst

Ich blicke gespannt und voller Erwartung auf das kommende Jahr. Ich will mich mutig mich darauf einlassen, auf die vielen Fragen Antworten zu herauszufinden. Und nicht zuletzt wollen wir in dieser Zeit auch herausfinden, wie es für uns weitergeht nach diesem Jahr.

Vorwehen

Willkommen auf tschapdate – schön, dass du auf diese Seite willst kommen!

Ein herzliches Willkommen auch an deine Kommentare, wenn sie wollen kommen!

Da unser Abenteuer „Tschad“ erst am 13. September los geht, können wir hier eigentlich noch nicht viel schreiben. Alles was wir bis jetzt wissen, sind entweder Schauermärchen, Extremvorstellungen, Falschinfos aus dem Internet oder auf französischem E-Mailaustausch beruhende Informationen. Also wenn du jetzt hier am Lesen bist, musst du unbedingt später wieder vorbeischauen, damit du auch erlebnisbasierte Texte über den Tschad und unser Er-, Über- und Alltagsleben lesen kannst.

 

Fakten über den Tschad

Tschad liegt ziemlich im Herzen Afrikas und ist beim Human Development Index 2010 auf Rang 163 – von 169 Ländern. (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Human_Development_Index)

Bei einer Lebenserwartung von 49,2 Jahren und einer durchschnittlichen Schulbildung von 1,5 Jahren ist der Tschad also eines der ärmsten Länder überhaupt (Quelle: http://hdrstats.undp.org/en/countries/profiles/TCD.html). Die nördliche Hälfte des Landes gehört mehr oder weniger noch zur Sahara, was auch die Jahresdurchschnittstemperatur in der Hauptstadt N’Djaména (nämlich 28°C) erklärt (Jahresdurchschnittstemperatur von Zürich 7,9°C).

 

Was wir dort machen werden (vielleicht)

So genau wissen wir das noch nicht. Allerdings gehen wir in ein internationales Team, das in der Hauptstadt N’Djaména eine Primarschule und ein Lernzentrum für junge Erwachsene betreibt. So wie wir das verstehen, werden wir dort so gut wir können die Lehrer unterstützen. Die Unterrichtssprache im Tschad ist Französisch, einer der Umstände, die uns noch zu meistern scheinen.

 

Unsere Befindlichkeit 5 Wochen vor Abflug

Da wir uns nicht auf eine Befindlichkeit einigen können, müssen wir dieses Kapitel noch einmal unterteilen.

 

Anjas Befindlichkeit

Je länger ich mich mit diesem Aufenthalt befasse, desto mehr wird mir meine anfängliche Naivität geraubt. Als wir noch auf der Suche nach einem geeigneten Einsatzort waren, dachte ich: „Entweder in ein Hardcore-Land oder gerade zu Hause bleiben“. Mittlerweile werden wir in ein „Hardcore-Land“ gehen und ich denke oft, dass eine „softere“ Variante eigentlich doch auch ganz in Ordnung gewesen wäre. Aber da dies nun nicht mehr zur Debatte steht, stelle ich mich einfach mal auf das Schlimmste ein und zähle auf meine (mich sonst oft nervende) schnelle „Mich-drangewöhnen-Fähigkeit“.

–       Wohnen. Wo wir genau wohnen werden, ist noch unklar, aber nachdem ich diesen Film gesehen habe, rechne ich mal mit einer GROSSEN Herausforderung.

http://www.dailymotion.com/video/x1v6nl_concession-africaine_shortfilms

–       Essen. Hirsebrei zum Frühstück, Mittag- und Abendessen mit Fisch- oder Fleischsauce. Ich habe den Tschad unter anderem deswegen gewählt, weil er ein Binnenland ist und ich grossen Respekt vor Seafood habe. In meinen Berechnungen habe ich leider nicht dran gedacht, dass es ja auch in Flüssen und Seen Fische haben könnte (Fische sind für mich gleich Seafood). Da N’Djaména nahe an Gewässern liegt, gibt es dort anscheinend sehr oft Fisch. Weiter habe ich erfahren, dass Tschad das Fleisch-Eldorado von Afrika sei, was mich als immerhin bratwurstessende Vegetarierin aus Gaumensüberzeugung vor eine weitere GROSSE Herausforderung stellt.

–       Sprache. Mit Französisch kann ich mich mehr oder weniger gut durchschlagen. Aber leider können vor allem die Tschader Französisch, die mal in der Schule waren. Und wenn ich mir überlege wie gut mein Französisch nach 1,5 Schuljahren war (also Mitte 6.Klasse), dann traue ich dieser Kommunikationsart irgendwie nicht mehr so ganz. Habe das Gefühl, dass ich ganz dringend Tschad-Arabisch lernen muss, hab auch schon mal ein Lehrmittel besorgt, was auch nicht ganz einfach ist. Das ist eine weitere GROSSE Herausforderung. Wie erkläre ich denn jemandem warum ich dies oder jenes nicht kann/will/weiss? Ich spiele zwar gerne Pantomime, aber irgendwo sind auch der Pantomime Grenzen gesetzt, besonders in einer fremden Kultur…

–       Religion. Die Menschen in der Hauptstadt sind vorwiegend Muslime, was für mich Kleider- und Verhaltensvorschriften bedeutet. Ich bin froh verheiratet zu sein, ich denke das macht die ganze Sache einfacher. Was aber , wenn mich mein Mann alleine lässt, weil man aufgrund der Kultur geschlechtergetrennt die Mahlzeiten einnimmt? Wie kommuniziere ich und vor allem, wem schmuggle ich die für mich wirklich unessbaren Dinge in den Teller (wobei es Letztere ja wahrscheinlich auch nicht gibt)? Auch das Zurechtfinden in einer anderen Kultur und Religion wird sicher eine GROSSE Herausforderung. Von Fettnapf zu Fettnapf – willkommene Nahrungsergänzung zum dauernden Hirsebrei.

–       Strom. Nachdem wir damit rechnen können, dass ca. 6 Stunden Strom pro Woche im öffentlichen Stromnetz vorhanden sind, beschloss ich meinen Haarföhn und mein Epiliergerät doch zu Hause zu lassen (da ich sowieso lange Hosen und Röcke sowie ein Kopftuch tragen werde, ist das auch nicht weiter schlimm).

–       Weiteres. Zum Thema ohne Küche kochen, ohne Waschmaschine waschen (ich als Winter-, Berg- und Schneekind, also als echte Schwitzerin), ohne Bad hygienisch sein und in einem Wüstengebiet ohne Strom staubsaugen mache ich mir zur Zeit noch keine Gedanken. Diese GROSSEN Herausforderungen kommen dann schon von selbst.

 

Anjas Befindlichkeit zusammengefasst

Anstatt mir an diesen GROSSEN Herausforderungen den Kopf zu zerbrechen, habe ich mich entschlossen, mich auf diese Abenteuer ein zulassen. Und ich freue mich sogar darauf.

 

Simons Befindlichkeit

Je länger du liest, merkst du, dass die Sache mit der Befindlichkeit eine längere Sache werden könnte. Um es nicht länger in noch längere Länge zu verlängern, haben wir beschlossen, alles Längere in Kürze folgen zu lassen.