Fragen, die das Leben schreibt

Tagtäglich stehen wir vor unzähligen Fragen – wie in der Schweiz, so auch im Tschad. Die folgende Gegenüberstellung stellt die einander gegenüberstehenden Fragen einander gegenüber.

Schweiz (S): Was mach‘ ich bloss heute wieder mit meinen Haaren?

Tschad (T): Sind auch wirklich alle Haare schön unterm Kopftuch?

S: Was könnte ich in den Frühlingsferien bloss machen? Welchen Kurs könnte ich im Februar besuchen? Wann in den nächsten vier Woche könnte ich mich wieder mit meiner besten Freundin treffen?

T: Soll ich ab morgen am einmonatigen Intensivsprachkurs teilnehmen, von dem ich heute erfahren habe? Auch wenn ich 2 Stunden vor Kursbeginn erfahre, dass der Start auf voraussichtlich übermorgen verschoben wird?

S: Wieso kommen meine Sockenpaare immer als Singles aus der Waschmaschine?

T: Socken? Waschmaschine?

S: Welches der 15 Waschmittel passt zu welchem der 13 Weichspüler und zu unserer heutigen Wäsche?

T: Sollen wir unsere Kleider lieber täglich von Hand waschen, oder warten wir bis wir eine Maschinenladung zusammen haben, diese frei ist, es Stadtstrom und genügend Wasserdruck hat? Oder sind alle unsere Kleider vorher aufgebraucht und wir müssen die ganze Ladung aufs Mal von Hand waschen?

S: Es ist so kalt, was zieh ich bloss an?

T: Es ist so heiss, warum zieh ich das an?

S: Wann beglückt der Postbote unseren Briefkasten mal wieder mit Briefen mit handgeschriebener Adresse anstatt Rechnungen und Werbung?

T: Postbote? Briefkasten? Wann können wir das nächste Mal im Postzentrum vorbei schauen, ob es vielleicht einen Brief für uns hat? Warum ist die Postaufgabe und Postausgabe in zwei verschiedenen Gebäuden?

S: Was läuft gerade im Kino?

T: Gehen wir am Dienstag den Film im Centre Culturel Français schauen, wo wir doch schon in der Hauptstadt sind?

S: Soll ich im Zug meine Füsse auf der 20Minuten oder dem Blick am Abend hochlagern?

T: Werden wir es wohl erfahren, wenn irgendwo etwas weltbewegendes passiert?

S: Wie wird das Wetter wohl heute?

T: Wann ändert das Wetter endlich?

S: Was macht der Eurokurs?

T: Wann beginnt der Arabischkurs?

S: Um 17.55 Uhr: Was könnten wir einkaufen und kochen, damit wir um 18:15 Uhr essen können?

T: Was könnte ich heute um 16 Uhr kaufen, um es morgen um 10 Uhr in den Solarofen zu legen, damit ich vielleicht um 13 Uhr essen kann (falls es nicht bewölkt ist)? Oder sollen wir doch das Gas brauchen? Aber wenn es noch lange keinen Gasnachschub in der Stadt gibt? Und überhaupt: was kochen wir eigentlich ohne Käse oder Rahm?

S: Kann ich AUSSCHLIESSLICH reduzierte Artikel kaufen, und trotzdem ein feines Menue zusammenstellen?

T: Wie kommt es, dass ich einmal 4 und einmal 7 Tomaten für den selben Betrag bekomme?

S: Wie verstecke ich bloss meine Schwitzflecken?

T: Warum schwitzen auch Tschader, die doch seit Geburt an die Hitze gewöhnt sein sollten?

S: Soll ich den 05, 13, 21, 29, 37 oder 55 Bus nehmen?

T: Soll ich zu Fuss gehen oder nehme ich das Taxi für 40 Rp.?

S: Entschuldigung, ist hier noch frei?

T: Soll ich (Anja) im Taxi vorne einsteigen, wo der eine Beifahrersitz bereits von einer Frau angewärmt wird, oder hinten, wo es leer ist – mit dem Risiko, dass ein Mann zusteigt?

S: Wie gefällt mir wohl die neue Winterkollektion?

T: Winter? Kollektion?

S: Bringt LC1 meinen Darm wieder zum Florieren?

T: Wieviele von diesen bitteren Blätter kriege ich runter, die meinen Durchfall heilen sollten? Oder probiere ich es doch lieber mit Bananen?

S: Kaufe ich Max Havelaar oder Chiquita?

T: Wieviele Bananen pro Tag kann man eigentlich essen, bis man total verstopft ist?

S: Wie wär‘s mal wieder mit Johannis-, Brom-, Him-, Stachel- oder Erdbeer- oder Quitten-, Aprikosen-, Rhabarber-, Mirabellen- oder Holunderconfiture? Oder doch Lavendelblütenhonig aus der Provence?

T: Leisten wir uns im Ausländerladen für 6-7 sFr. Konfitüre für aufs morgendliche trockene Baguette oder streichen wir einfach Bananen drauf? Wann war ich eigentlich das letzte mal auf dem Klo? Und was mach ich bloss mit den drei gerösteten Heuschrecken, die plötzlich auf meinem Teller neben meinem Erdnussbrötli liegen?

S: Wie werde ich das viele Münz los, das mein Portemonnaie so dick macht, als würde es sich nur von Bananen und Erdnussbutter ernähren?

T: Wie verwandle ich bloss meine riesigen Noten (die grösste ist CHF 20.- wert) in kleines Münz fürs Taxi?

S: Wie schaffen wir den Atomausstieg wenn alle täglich ihre Smart(?)phones aufladen müssen?

T: Hat es Strom heute?

S: Wie viele Megapixel haben die neusten Kameras auf dem Markt?

T: Wird das Word-doc im Anhang des Mails wohl durch die Leitung passen?

S: Kannst du schnell auf dem iPhone schauen wo der nächste Starbucks ist?

T: Hat er mir eine korrekte Wegbeschreibung gegeben oder weiss er es selber nicht und hat  anstandshalber einfach irgendetwas gesagt? (Aber ich bin ja selber schuld, ich hätte ihn ja nicht so direkt fragen müssen…)

S: Tofu, Vegischnitzel oder Quorn?

T: Wie erkläre ich diesmal, dass ich Fleisch und Fisch immer noch nicht mag? Oder merkt es vielleicht niemand, wenn ich es einfach weglasse?

S + T: wie geht es meinen Freunden hier und dort?

7 Antworten auf „Fragen, die das Leben schreibt“

  1. Halloooo Anja! I ha eigentlich wäle am halbi 9ni is Bett wäli chli müed bi vom nächtliche Stillä 🙂 aber wäl sit neuschtem s Internet a ösem neue Wohnort wieder funktioniert, bini of euerä Tschadsiitä hangeblebä: Super Iiträg, mega spannend ond au loschtig! I bewundere di, wie du da Aabentüür meischterisch!
    Alles Gueti!
    Liebi Grüess Rahel

  2. Ha, ha, ihr sind die Coolschte! Aber öppis chani mir denn glich nöd verkneife:
    Ihr händ au nöd würkli scho mal ufem Iphone gluegät wo äs nögschts Starbucks hät—pfui, pfui, pfui! Mir sind smart ohni smartphone und stönd uf selbergmachte Kafi!
    Mir vermissed eu! Liebi Grüässli, Jasmin un d Jonas

  3. Liebe Anja.
    Du hast es drauf! Viel Freude weiterhin beim Entdecken der Unterschiede. Es macht Freude deine Updates zu lesen…
    Liebste Grüße von mir

  4. Hey ihr zwei!
    Jetzt chumi au dezue, eu än liebe Gruess übere “z’beame” :-). Eui Iiträg sind echt dä Hammer!!! Ihr sötted eu mol überlege, öb ihr brueflich uf “Kolumneschriiber” umstiege wönd :-).
    Was ihr schriibed erinnered mi ziemli gnau a mini 7 Wuche Afrikaerfahrig in Niamey, Niger.
    Liäbi Grüesslis
    Rahel (vo dä Schuel) 🙂

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