Benefizkonzert 14. Mai

Seit über einem halben Jahr übt die Geigenklasse von Rahel Zellweger der Musikschule Arbon für dieses Konzert. Das sind 20 Kinder bis Erwachsene, die mit Leidenschaft Geige üben und ihre Musik nicht nur für sich selbst machen wollen. Alle von ihnen haben selber ein kleines Projekt lanciert, um Geld für das Projekt “Schulbildung in der Muttersprache – Förderung von indigenen Sprachen in der Sahara” zu sammeln.
Und der Höhepunkt kommt nächsten Sonntag: Dieses Konzert, wo sie zusammen mit einer Band von Profimusikern auftreten und für dich und für dieses Projekt spielen und ihr Bestes geben.

Das Projekt, für das sie sammeln, ist nichts anderes als “unser” Projekt! Wir sind nämlich dran, in einigen Schulen muttersprachlichen Unterricht einzuführen. Warum wir das absolut grossartig finden, erzählen wir euch an diesem Konzert!

PS: Kommt doch auch – alle Beteiligten sind hochmotiviert – ein Ohren- und Augenschmaus sind garantiert

PPS: KAFI OASE – Kommt bereits um 16h – es gibt tschadisches Gebäck und Tee, viele Attraktionen für gross und klein und hoffentlich gutes Wetter und noch bessere Stimmung

Ende gut…

Es waren nicht unzählige Journalisten da wie in einem anderen Jahr, facebook-Livestream gab es auch nicht und der Saal war nicht bis zum Bersten voll wie letztes Jahr. Dafür war die diesjährige “Grande cérémonie” solide. Simon auf dem Podium war zwar wie immer am Schwitzen und Schwimmen, denn sogar auf dem Plan dauerte das vielseitige und dichte Programm zwei Stunden. Würden sich die Würdenträger (Generäle, Minister und Parlamentarier) bei der Stange halten lassen? Doch einige Dutzend “Rotkäppchen” und andere Souvenirs aus der Schweiz gaben der Cérémonie eine besondere Note und die spontane Ansprache des Vertreters des Kanembu-Sultan machte klar: Auch die dritte Sprachgruppe ist jetzt voll und ganz dabei beim “Concours toubou”. Der Schreibkurs-Event ist zu einer Ethnien-übergreifenden Sprachförderungs-Bewegung geworden.

Wartesaal droht zu platzen

Über 20 Tubu und Kanembu-“Promis” waren eingetroffen und wurden im “VIP-Wartesaal” bei Tee und Erdnüssen bei Laune gehalten, bis der höchste Ehrengast eintraf. Der musste eben mindestens die erste Halbzeit des Fussballspiels Tibesti gegen Bahr-al-Ghazal (zwei tschadische Regionen, in beiden werden die Sprachen des Concours gesprochen!) beehren. Als er eintraf, marschierten die edlen Damen und Herren in den Saal und nahmen in den vordersten Reihen Platz. Nach der feierlichen Einführungsrede durch ein Komitee-Mitglied, untermalt von Impressionen aus den 5 Wochen Programm am Beamer, übernahm der dynamische, einheimische Moderator. Er war offensichtlich im Element.

Ehrengäste in der vordersten Reihe

Eine knappe Stunde vor Beginn hatte der Direktor des DEZA noch gefragt, wie viele Gewinner es denn gäbe. Offenbar hat er aufgrund meiner Auskunft sein Souvenir-Lager geplündert. Er übergab mir Taschenmesser, Regenschirme, Seifen, Wasserflaschen, und etwa 50 rote Mützen mit Schweizerkreuz. Diese verliehen der Feier eine besondere Couleur, denn kurz nach Anfang erhielten die diesjährigen “Jungautoren” nicht nur ein Exemplar des Buches sondern auch so eine Mütze. Der Ehrengast, der diese übergab (er selbst auch Buchautor) setzte sie allen gleich auf – ungeachtet ihres Turbans oder Kopftuchs.

Auch wenn diese Bilder etwas amüsant anmuten, wir sind sehr stolz auf unsere Jungautoren. In nur 4 Wochen haben sie je einen oder mehrere Texte in ihrer Sprache geschrieben und “abtöggelet”, die nun in einem Buch publiziert sind. Zum ersten Mal sind nun auch Texte in Kanembu dabei. Nach 3 Jahren gründlicher Erprobung im Concours – und der intensiven Arbeit eines pensionierten Linguisten zwischen den alljährlichen Concours – hat das Kanembu-Alphabet nun eine leser- und schreiberfreundliche Form.

Zurück zur “Grande Cérémonie”. Warum wir sie als “solide” bezeichnen hat eben damit zu tun, dass die Kanembu-Sprache etabliert dabei ist. Letztes Jahr gab es ein Büchlein in Kanembu, dieses Jahr sind es fünf Büchlein. Und sie gingen weg wie warme Semmeln auf dem Büchertisch nach der Cérémonie. Auch die Kanembu-Teilnehmer, deren Verhalten letztes Jahr noch Verhalten war, betraten dieses Jahr die Bühne erhobenen Hauptes. Die Krönung war dann aber die spontane Ansprache des Vertreters des Kanembu-Sultans. Eigentlich hätte er nur den ersten Preis übergeben sollen. Doch er verlangte das Mikrofon und sagte in seiner Muttersprache: “Ich ermutige euch, dieses Alphabet weiter zu entwicklen. Möge Gott euch beistehen!”

Rechts: Sultans-Vetreter der Kanembu
Links: Sieger der Kanembuklasse mit Diplom – und edlem Schweizer Sackmesser

Nach der Preisverleihung wurden alle Sieger-Aufsätze von dem jeweiligen Klassenlehrer vorgelesen. Der Höhepunkt derer Feier war dann die Verlosung von 4 Enzyklopädien (Larousse Illustré). Zuerst unter den einzelnen Klassen und dann unter allen Teilnehmern.

Ende gut, alles gut. Fehlt nur noch das traditionelle “photo de famille” mit allen Teilnehmern. Félicitations!

Das Kulturzentrum und sein Anstrich

Die Stärke von der NGO Cup of Color ist es, Leute in einen kreativen Prozess hineinzunehmen und sie dabei strahlen zu lassen. Deshalb sind wir wahnsinnig dankbar, dass Cup of Color dieses Jahr wieder mit uns im Tschad war und sie unter anderem das neue Kulturzentrum gemeinsam mit den Tubus gestaltet haben. Wir hatten mehrere Nachmittage, wo richtige “Mal-Feste” im Kulturzentrum stattgefunden haben.
Die Menschen haben auf der Wand Dinge aufgemalt oder geschrieben, die sie an ihrer Kultur lieben. Durch diese gemeinsame Gestaltung sind sie “Teil des Kulturzentrum geworden”.

Impressionen von diesem Prozess seht ihm im folgenden Kurzvideo und der Galerie unten. Alle Fotos sowie der Kurzvideo sind von Cup of Color.

Neues Kulturzentrum in der Hauptstadt

Ein langer Wunsch von unseren Concours Komitee-Mitgliedern ist es, ein Kulturzentrum in der Hauptstadt zu eröffnen. Damit die Aktivitäten nicht nur während zwei Monaten vollgas laufen, sondern dass auch unter dem Jahr Kurse und Veranstaltungen stattfinden können. Ein weiteres Bedürfnis war es, einen Verkaufspunkt für die wachsende Literatur zu haben.
Diesem Zentrumswunsch konnten wir dieses Jahr nachkommen und haben angefangen, ein “normales” tschadisches Wohnhaus in ein Kulturzentrum umzubauen. Beim Umbau haben Freunde aus der Schweiz, aus Amerika, aus Deutschland und natürlich auch aus dem Tschad mitgewirkt. Es ist noch nicht alles ganz fertig, aber dass das eine tolle Sache wird, darüber sind sich alle einig!
Hier ein kleines Video zu einem Teil der Arbeiten, gemacht von Cup of Color:

Fotos von Cup of Color (fast alle)

Concours toubou zum Fünften

Leider war unser Blog nicht tschap to date, während unserer Zeit in N’Djamena. Hat damit zu tun, dass wir diesmal zwei Projekte auf einmal vorhatten. Rückblickend lief Gott sei Dank alles wie am Schnürchen, aber oft hat es nicht danach ausgesehen. 

Nun sind wir wieder in der Schweiz und als erstes digitales Lebenszeichen auf diesem Kanal posten wir mal das Video von der “Grande Cérémonie” des einen Projekts: Der 5. Schreibwettbewerb in N’Djamena.

Vielen Dank an Cup of Color für das schöne Video!

Concours toubou 2023: Werbung lanciert

Es ist bald so weit: Wir fliegen 4. Januar ab. Und eine ganze Karawane macht sich auf den Weg: Mit dabei ist wieder – olé olé – Familie Lam von Cup of Color. Und ein pensionierter Zimmermann kommt mit, um beim Umbau des geplanten Kulturzentrums zu helfen.

Den Werbe-Video für den Concours toubou haben wir bereits vorausgeschickt. Sieht so aus:

…und am diesjährigen Kulturfestival DARY in N’Djaména hat das Komitee das Concours-Toubou-Banner bei den Ständen aller Regionen aufhängen dürfen, in denen Tudaga, Dazaga oder Kanembu gesprochen wird. Wir freuen uns auf hoffentlich viele Teilnehmer aus diesen Regionen.

24. Dezember

Gratulation!

Weihnachten. Heilig Abend. Das «Chrischtchindli» in der Krippe. Jöh.

Weil unsere Kinder es auch nicht so lustig fänden, wenn wir sie an jedem Geburtstag wie Neugeborene behandeln würden, hier anlässlich von Jesus Wiegen- bzw. Krippenfest ein paar Zitate aus seiner bekanntesten Rede.

Apropos Geburtstag: Jesus beginnt seine Rede mit Gratulationen. Er gratuliert zur Glückseligkeit. Ein wenig geläufiges Wort, aber es bezeichnet das, was uns im Grunde jede Reklame verkaufen will. Allerdings gibt es Glückseligkeit nach Jesus nicht mit Sonderrabatt am Black Friday und auch sonst “glitzert” es nicht besonders.

Gratulation!
Glückselig zu nennen sind diejenigen, die Leid tragen. Gratulation an die Friedfertigen und Friedenstiftenden. Glückselig zu nennen sind diejenigen, die sich über das Leid erbarmen und aktiv werden.
Gratulation an alle, die sich ohne Gewalt, aber getrieben von Hunger und Durst nach Gerechtigkeit einsetzen. Glückselig zu nennen sind diejenigen, die Verfolgung erleiden, weil sie für Gerechtigkeit einstehen.

Gratulation an alle, die als Bedürftige vor Gott kommen.

Denn sie werden getröstet werden, sie werden Erbarmen erfahren, ihr Verlangen nach Gerechtigkeit wird gestillt werden. Und man wird sie “Gottes Kinder” nennen.

Nach Matthäus Kapitel 5

Was Jesus hier als Glückseligkeit beschreibt, klingt nicht nach Lametta und üppigem Genuss. Es ist eine völlig andere Art, Glückseligkeit zu finden als das, was ein Discounter mit dem Satz “Luxus für alle” bewirbt. Es ist ein Weg zur Glückseligkeit, der allen offen steht. Gratis, aber nicht billig. Ein Weg, der sehr viel Hoffnung in sich trägt. Der paradox klingt, rätselhaft. Ein Geheimnis, das man wahrscheinlich nicht verstehen kann, sondern erfahren muss.

Frohe Weihnachten!

Ein Lied, das diese “Gratulationen” verarbeitet, hat uns in diesem Jahr begleitet. Common Hymnals: «The Kingdom is yours»

(Deutsche Übersetzung unten)

VERSE 1
Blessed are the ones who do not bury
All the broken pieces of their heart
Blessed are the tears of all the weary
Pouring like a sky of falling stars

VERSE 2
Blessed are the wounded ones in mourning
Brave enough to show the Lord their scars
Blessed are the hurts that are not hidden
Open to the healing touch of God

CHORUS
The kingdom is yours, the kingdom is yours
Hold on a little more, this is not the end Hope is in the Lord, keep your eyes on him

VERSE 3
Blessed are the ones who walk in kindness
Even in the face of great abuse
Blessed are the deeds that go unnoticed
Serving with unguarded gratitude

VERSE 4
Blessed are the ones who fight for justice
Longing for the coming day of peace
Blessed is the soul that thirsts for righteousness
Welcoming the last, the lost, the least

VERSE 5
Blessed are the ones who suffer violence
And still have strength to love their enemies
Blessed is the faith of those who persevere
Though they fall, they’ll never know defeat

DEUTSCH:

Strophe 1
Gesegnet sind diejenigen, die nicht begraben
All die zerbrochenen Stücke ihres Herzens
Gesegnet sind die Tränen aller Müden
Die fliessen wie ein Himmel aus fallenden Sternen

Strophe 2
Gesegnet sind die Verwundeten in ihrer Trauer
Mutig genug, um Gott ihre Narben zu zeigen
Gesegnet sind die Verletzungen, die nicht verborgen sind
Offen für die heilende Berührung Gottes

Refrain
Das Königreich gehört dir, das Königreich gehört dir
Halte noch ein wenig durch, dies ist nicht das Ende.
Die Hoffnung liegt im Herrn, richte deinen Blick auf ihn

Strophe 3
Gesegnet sind diejenigen, die in Güte wandeln
Auch angesichts von grossen Missständen
Gesegnet sind die Taten, die unbemerkt bleiben,
Das Dienen in ungeschützter Dankbarkeit

Strophe 4
Gesegnet sind diejenigen, die für Gerechtigkeit kämpfen
Sehnsucht nach dem kommenden Tag des Friedens
Gesegnet ist die Seele, die nach Gerechtigkeit dürstet,
Die die Letzten, die Verlorenen, die Geringsten willkommen heisst

Strophe 5
Gesegnet sind diejenigen, die Gewalt erleiden
Und immer noch die Kraft haben, ihre Feinde zu lieben
Gesegnet ist der Glaube derer, die ausharren
Obwohl sie fallen, werden sie niemals eine Niederlage erfahren

23. Dezember

Neubeginn

In unserem letzten Oasenaufenthalt durften wir bei zwei wunderschönen Ereignissen dabei sein.

Von einem Tubu-Freund wurden wir gefragt, ob wir in seinem Garten einen Baum pflanzen wollen. So kam es, dass wir an einem Sonntagnachmittag die 45 Minuten zu seinem Garten rausfuhren und dort zwei Bäumchen pflanzten.
Hoffentlich schaffen sie es, unter diesen Bedingungen gross zu werden. Sie sollen tiefe Wurzeln machen und eine Krone entwickeln, die kleineren Pflanzen im Garten Schutz vor der Sonne bietet.

Manchmal, wenn ich mir alle Entwicklungen vor Augen führe, die nicht in die erhoffte Richtung gehen, dann kommt mir das Zitat von (angeblich) Martin Luther in den Sinn:

“Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch eine Apfelbäumchen pflanzen.”

Martin Luther

Ich denke, er hat Recht. Ich glaube tatsächlich, dass wir das tun müssen. Und es war echt eine Ehre, dass wir das im Herzen der Sahara machen durften.

Das zweite Ereignis war, dass wir völlig unerwartet dabei sein konnten, als ein Schaf unserer Vermieterin Zwillinge zur Welt brachte. Einfach wunderbar!

Gelandet im schmutzigen Staub, aber schon nach wenigen Minuten auf den Beinen. Wirklich eindrücklich und hoffnungsvoll.

Unsere absolut grossartige Vermieterin und Besitzerin der Schafe

22. Dezember

Videos vom Concours toubou 2022

Diese beiden Videos wurden von einem einheimischen Filmemacher gemacht. Zuerst hier ein kurzer Einblick in die Kurse und die Abschlussfeier.

Concours toubou 2022

Für den Concours toubou 2022 haben uns Künstler von Cup of Color begleitet. Zusammen mit den Teilnehmern des Concours toubou haben sie die Aussenfassade des Kulturzentrums, wo der Anlass stattfindet, völlig neu gestaltet. Wir sind begeistert. Von ihrer Arbeit und vom Resultat. Aber schaut selbst:

Cup of Color am Concours toubou 2022

Und (für die mit ganz langem Atem) hier die Reportage vom Nationalfernsehen Télé Tchad.

21. Dezember

Ein Lehrmittel für Libyen

Wenn ich darüber nachdenke, ist es echt krass, dass ich heute gerade ein kleines Erklärvideo zu “meinem Lehrmittel” fertigstellt habe. Die vorläufig letzte Handlung für ein Projekt, das nun über 18 Monate gelaufen ist.
Kurz die Geschichte dazu.

Seit einigen Jahren ist es im Süden Libyens erlaubt, ja sogar obligatorisch, drei Wochenlektionen Tedaga-Unterricht zu machen. Der ganze Rest des Unterrichts geschieht auf Arabisch. Schön und gut, dass jetzt ein bisschen Unterricht in der Muttersprache stattfinden soll – aber was genau könnte denn da unterrichtet werden? Ein Tubu – wir nennen ihn den Tubu-Linguisten – hat Lehrmittel für drei Jahre hergestellt. In denen werden hauptsächlich die lateinischen Buchstaben gelehrt, die es fürs Tedaga braucht. Aber dann wusste er nicht mehr so richtig weiter und hat sich an uns gewandt. Ob wir ihm bei der Lehrmittelentwicklung helfen könnten? Konkret, er brauche was für das vierte Schuljahr. Und eigentlich auch bis in die 9. Klasse.  

Da wir uns immer über Initiativen aus der lokalen Bevölkerung freuen, war es klar, dass wir da helfen wollen. Ein bisschen naiv ging ich davon aus, dass ich ein gutes Deutschlehrmittel suche und dann einfach das gleiche auf Tedaga machen werde. Aber ich habe mich getäuscht. Tedaga und Deutsch sind komplett verschiedene Sprachen, mit ganz anderen Problematiken… Also bei Null anfangen. 

Mit viel Rückmeldung von unserem Teamleiter und einem tschadischen Tubu, schafften wir es, ein Buch für ein Schuljahr fertigzustellen. Besonders freuen mich die Gedichte, welche zwei Tubus passend zu den neun Kapiteln geschrieben haben. Wir sandten unseren Vorschlag nach Libyen, wo der Tubu-Linguist mit Begeisterung alles übersetzte, was ich nicht bereits mit einem Tubu aus Deutschland übersetzt hatte. 

Letzten Frühling auf der Oase machten wir dann zwei Testläufe, wo die ersten zwei Kapitel des Buches von jungen Frauen an Kinder unterrichtet wurden. Die Betreuung war intensiv, aber das hat nicht alleine am Lehrmittel gelegen ;-).

Vorbesprechung mit den Lehrerinnen
Unterricht

Beim zweiten Testlauf klappte es tatsächlich, dass der Tubu-Linguist von der Küste Libyens zum ersten Mal auf unsere Oase reisen konnte. Das war ebenfalls das ersten Mal, dass wir ihn persönlich getroffen haben, nachdem wir seit Jahren über Social Media in Kontakt sind.

Zum Kursabschluss ein Spielwettkampf zwischen den Klassen …
… mit lebhafter Beteiligung
Diplomübergabe
Gedicht-Lesung

Diese paar Tage waren toll. Wir konnten das ganze Buch überarbeiten und uns auf einige grammatikalische Regeln einigen. Und dann reiste der Tubu-Linguist wieder ab, mit der Buchdatei auf seinem USB-Stick, bereit für den Druck. 

Er übergab die Datei der Regierung Libyens, welche einen Teil der Bücher in Italien und den anderen Teil in der Türkei drucken liess (warum in zwei verschiedenen Ländern, das weiss wohl niemand). Und letzte Woche, wurden auch der zweite Teil der gedruckten Bücher in den Süden Libyens geliefert! Der Unterricht kann also losgehen! Und damit das Buch möglichst gut verstanden werden kann, habe ich kurzerhand noch einen Lehrerkommentar geschrieben und diesen auch als Video verfasst (ja, auch die Lehrpersonen sind nicht ganz sattelfest im Lesen auf Tedaga…).

Lehrbuch im Süden Libyens angekommen

Ich habe mein Bestes gegeben, doch sehe ich im Nachhinein bereits erste Schwachstellen des Buches. Da es allerdings das einzige 4. Klasse Lehrbuch für Tedaga überhaupt ist, wird es wohl doch das Beste sein ;-).

Auf jeden Fall ist jetzt alles bereit, um auch in der 4. Klasse Tedaga zu unterrichten. Der Sprache des Herzens und der Träume von Tausenden von Kindern im Süden Libyens. 

Und trotzdem ist es noch nicht geschafft. Dieses Jahr wurden zwar die Bücher – wenn auch spät – gedruckt. Besser als im vorletzten Jahr, wo der Bildungsminister das ganze Geld für den Druck der Bücher für sich genommen hat. Ausserdem herrscht im Süden dieses Bürgerkriegslandes im Moment einigermassen Frieden. Auch ein interner Streit der Tubus wurde nach vielen Monaten auf Eis gelegt, und die Verantwortlichen fürs Unterrichten beginnen wieder zusammenzuarbeiten. 

Aber es gibt auch dieses Jahr ein Problem: Das Geld für Löhne für die Tedaga-Lehrpersonen. Eigentlich sollte die Regierung sie bezahlen, doch das funktioniert (noch?) nicht. Eine Gruppe von Tubus ist nun dran, von ihren Leuten Geld zu sammeln, um den Lehrpersonen einen Lohn bezahlen zu können.

Die unglaubliche Menge an Hürden, ein funktionierendes Schulsystem zu haben, macht mich echt sprachlos. 

Ich behaupte nicht, dass hier im Schweizer Schulsystem alles gut läuft. Bei Weitem nicht. Aber im Anbetracht der Situation von Südlibyen oder gar des Tschades, läuft hier tatsächlich vieles sehr gut.

Das macht mich dankbar.

20. Dezember

Chancenungleichheit – Verantwortungsungleichheit

Ich glaube es ist gut, sich für Chancengleichheit einzusetzen. Doch solange (wohl noch sehr lange) es Chancenungleichheit gibt, gilt auch «Verantwortungsungleichheit». Mir wird bewusst, dass meine unverdient privilegierte Ausgangslage als Schweizer eine grosse Verantwortung mit sich bringt. Was mache ich aus all meinen Möglichkeiten und Ressourcen, meiner Rede-, Reise-, Versammlungs-, Religions- und noch so viel anderer Freiheit, meiner Bildung und Erfahrung, meinen Fähigkeiten und Fertigkeiten? Allein schon meine körperlichen «Gegebenheiten» ermöglichen mir unverdient Bewegungen und Tätigkeiten aller Art. Ich will dankbar dieses mir Gegebene annehmen und verantwortungsvoll einsetzen. 

Der Kinderteller

19. Dezember

Auf den Strassen N’Djaménas

Dies ist noch einmal ein Film von unseren Freunden, die zur Zeit in N’Djaména leben. Er zeigt schön, wie das auf der Strasse so her und zu geht. Da wir selber kein Auto haben im Tschad, sind wir eigentlich immer in den gelben Taxis unterwegs.

Kleines Rätsel:

  1. Wo kann man die aus unserer Sicht obligatorischen Moskitonetze kaufen?
  2. Wo gibt es Ersatzreifen für Motorräder?
  3. Wo kann man sich einen Gebetsteppich kaufen?
  4. Wo gibt es die einzige Art von Holz (abgesehen von Sperrholzplatten) zu kaufen?
  5. Wo gibt es Benzin, falls es mal nicht mehr zur nächsten Tankstelle reicht?

Auflösung:

  1. 00:28 Links im Bild, in der runden, blauen Hülle befindet sich ein Moskitonetz.
  2. 00:49 Rechts auf dem Trottoir. Weshalb gerade hier?? Das weiss wahrscheinlich niemand…
  3. 1:21 links im Bild. Die Teppiche hängen an einer Wäscheleine.
  4. 1:37 Rechts im Bild. Klassische Dachlatten. Etwas anderes gibt es praktisch nicht.
  5. 2:08 Links am Strassenrand hat es Flaschen mit einer gelben Flüssigkeit. Wenn also das Taxi plötzlich nicht mehr weiterfährt, werden die Gäste gebeten, ihre Fahrt zu bezahlen. Mit diesem Geld kann der Taxifahrer dann eine oder zwei Flaschen Benzin kaufen, reinschütten, das Taxi ein bisschen schütteln und dann in aller Ruhe weiterfahren.

18. Dezember

Faszination Konjugation

Wie lautet die 3. Person Plural (Subjekt) > 2. Person (Objekt) im Imperfekt, verneint, Frage vom Verb “ndubabi“?

Endlich gibt es einen Ort, wo diese – euch wohl seit Jahren unter den Nägeln brennende Frage – beantwortet wird: Im Konjugations-Nachschlagewerk “Dirgaza tudagaa-ã”* (Übersetzt: Äste/Verästelungen der Tubu-Sprache). In der Tat Bedarf es eines ziemlich ausführlichen “Aufdröselns”, um alle komplexen Verästelungen festzuhalten, in die sich ein Tubu-Verb verrenken kann. Insgesamt 48 Konjugations-Formen hat das Tubu-Sprachteam über die Jahre gefunden.

Die Morphologie ist äusserst komplex, es gibt einen enormen Reichtum an Konjugationsformen: verschiedene Zeiten, Bedingungssätze, Konjunktiv, Verlaufsformen und andere Kategorien, von denen die deutsche Sprache nur träumen kann. Dazu ist auch die Verneinung und die Frage im Verb “kodiert”. Und nicht nur das Subjekt, sondern auch das Objekt des Satzes sind im Verb “verbaut”:

  • ich-erblicke-ihn: laniri
  • ich-erblicke-dich = lanuniri
  • erblicke-ich-dich? = lanunirin ?
  • erblicke-ich-dich-nicht? = lanunurdũú ?

Diese und viele andere Spielformen sind im neusten Buch, dem Konjugations-Tabellenbuch (zum Wort “ndubabi” von der Quizfrage siehe ab Seite 75) nun für alle zugänglich, die die Eingangsfrage beantworten wollen. Lösungsvorschläge gerne als Kommentar.

Der este Leser: “WOW! Unsere Sprache ist echt genial!”

Alle die sich nicht gleich in die Recherchen stürzen und weiter lesen, denken womöglich: “Trockene Materie – wozu der ganze Aufwand?” Aber es ist nicht nur für Linguisten faszinierend. Denn so ein Nachschlagewerk ist – wie bereits das Wörterbuch – ein starker Ausdruck dafür, dass Tedaga eine vollwertige Sprache ist. Das merkt unser Team in Bardai immer wieder. Wenn sie Tubus den Entwurf zeigen, sind diese einfach nur begeistert und stolz auf den Reichtum ihrer Sprache.  

Nun muss “nur noch” die arabische Einleitung korrigiert und das Titelblatt* finalisiert werden und dann …. endlich geht das Buch in den Druck. Sinnigerweise in der Hauptstadt des Landes , wo vor gut 10 Jahren (unter Gaddafi) allein schon das Reden der Tubu-Sprache in der Öffentlichkeit verboten war: Libyen.

Neuer, hoffentlich besser verständlicher Buchumschlag

*Die Findung des Titels wäre eine Geschichte für sich. Die provisorische Version trägt noch einen anderen Titel, den aber niemand so richtig verstehen konnte. Naja, bisher haben sich Tubus selten über Konjugation unterhalten und hatten auch kein Wort dafür…

17. Dezember

Gouro, eine tschadische Oase

Letztes Frühjahr durften wir eine Oase besuchen, die wir noch nicht kannten. Wir waren fasziniert von ihrer Schönheit.

Eine lokale NGO hat uns gebeten, ihnen zu helfen, auf ihrer Oase Unterricht in der Muttersprache Dazaga-Tubu einzuführen.

Das Dorf
So gewinnt man den “Gouroer Bergpreis” … und einen Blick über die Oase
Quasi zwischen jeder Düne liegt ein Quartier – aerodynamischer Städtebau
In der Schule bei den jüngeren Kindern
Bei der Zeugnisübergabe wird der Beste der Klasse besonders gefeiert
In einer anderen Klasse ist es die Beste
Und bei den älteren Kindern
Sitzung mit Dorfältesten: Ein Vertreter der NGO präsentiert das Projekt “Dazaga als Unterrichtssprache”
Eine alte Ruine, gebaut von den Türken
Ein Stein von einer Ölpresse. Vor vielen Jahren hat es mal eine Olivenbaumplantage gegeben. Die Bäume gibt es nicht mehr, es ist nur noch dieser Stein übrig.

16. Dezember

Viktor Frankl oder “Die letzte Freiheit”

Eine Person, die unserer Meinung nach etwas zum Zusammenhang von Zufriedenheit und Wohlbefinden bzw. Zufriedenheit und Leid zu sagen hat, ist Viktor Frankl. Von wegen Leid sagt er unter anderem sogar Folgendes:

„Anscheinend verträgt der Mensch auf Dauer die absolute Unbeschwertheit im psychologischen Sinne ebenso wenig wie die absolute Schwerelosigkeit im physikalischen Sinne. Und anscheinend kann er im sinnlosen Raum ebenso wenig wie im luftleeren Raum existieren.“

Der österreichische Psychiater und Neurologe kam mit seiner ganzen Familie während des zweiten Weltkrieges ins Konzentrationslager und überlebt als einziger. Nach seiner Befreiung schrieb er ein Buch:

 …trotzdem ja zum Leben sagen: Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager 
(Der englische Titel ist auch vielsagend: Man’s Search For Ultimate Meaning)

Er machte sich viele Gedanken zum Thema Leid und Sinnhaftigkeit. Hier einige “Zitate” und Sätze, die seine Erkenntnisse zusammenfassen1:

Die wichtigste Praxis in der stoischen Philosophie unterscheidet zwischen dem, was man ändern kann und was unveränderbar ist, was man beeinflussen kann und was nicht. Das Wetter beispielsweise kann man nicht kontrollieren, aber die eigene Reaktion darauf sehr wohl.

„Einer der letzten menschlichen Freiheit ist, seine Einstellung unter welchen Umständen auch immer frei wählen zu können und einen eigenen Weg wählen zu können.“

Wenn wir uns darauf konzentrieren können, klar zu machen, welche Teile unseres Tages in unserer Kontrolle stehen und welche Teile es nicht sind, werden wir nicht nur glücklicher, wir werden einen deutlichen Vorteil gegenüber anderen Menschen haben, die nicht erkennen, dass sie eine Schlacht kämpfen, die sie nicht gewinnen können.

Neben dem Handeln kann der Mensch noch viele andere Dinge in seinem Leben kontrollieren. Dem Menschen steht es frei seine Emotionen, Einstellungen und Entscheidungen selbst zu bestimmen und zu beschließen wie er dazu steht und wie es ihn in seinem Schicksal beeinflusst. Die Fokussierung auf das, was in unserer Macht ist, vergrößert und verstärkt unsere Macht. Aber jede Energie, die auf Dinge gerichtet ist, die wir nicht beeinflussen können, ist verschwendet. Um ein Hindernis als Herausforderung zu sehen, um das Beste daraus zu machen, müssen wir nur verstehen, dass wir eine Wahl haben – eine Wahl, die allein an uns liegt.

„Die Spielregeln des Lebens verlangen von uns nicht, dass wir um jeden Preis siegen, wohl aber, dass wir den Kampf niemals aufgeben.“

Ehrlich gesagt, empfinde ich diese Worte im ersten Augenblick als ein bisschen einfach gesagt. Doch im Anbetracht der Biographie dieses Mannes, lohnt es sich, genauer darüber nachzudenken. Er hat erlebt, dass ihm alles genommen wurde, er scheinbar keine Freiheit mehr hatte. Doch er hat Gebrauch gemacht von seiner “letzten Freiheit”: Die Entscheidung über seine Reaktion darauf.

1 Quelle: https://www.landsiedel.com/at/wissen/viktor-frankl.html

15. Dezember

Die Küche

Für uns ist die Küche wichtig. Man verbringt viel Zeit darin und wenn sie ein bisschen funktional eingerichtet ist und alle Geräte funktionieren, können darin echt leckere Sachen entstehen. Was ist aber, wenn man keine so perfekte Küche hat?


Nichts. Tatsächlich nichts. Es entstehen genau so leckere Dinge, einfach ein wenig anders. Ist das nicht wunderbar?

Links die Küche von aussen
Es geht auch komplett ohne Küchenkombination
Salat rüsten (und gleichzeitiges Beckenbodentraining 😉
Und dann die Mahlzeit anrichten.
Denn auch hier wollen Hochzeitsgesellschaften sich gediegen verköstigen lassen.

14. Dezember

Noam und Leanna im Tschad

Wir haben auch für Noam und für Leanna ein Video gemacht. So sieht ihr Leben im Tschad aus!

Es gibt Überschneidungen in den Videos, aber sie sind halt Geschwister 😬. Da müsst ihr einfach ein bisschen vorspulen…

Leanna im Tschad
Noam in Bardai

13. Dezember

Spielen

Immer wieder bin ich einfach völlig überwältigt von der Art, wie die Kinder im Tschad spielen, wie sie sich beschäftigen, wie sie “schaffen”. Es ist fröhlich, frei, verspielt . Und zugleich fleissig und ernst. So “schaffen” sie, was ihnen in den Sinn kommt mit dem was ihnen vor die Hände kommt. “Eso macht s’Schaffe no Froid!” (Zitat: ©Marcocello 😉

Wie dem auch sei. Mich lässt der Gedanke nicht los, dass unser ganzes Spielzeug hier auf ein Minimum reduziert werden könnte. Und es würde uns doch an nichts fehlen. Es hätte sogar Vorteile: Es gäbe viel weniger aufzuräumen, auch weniger Diskussionen übers Aufräumen, es gäbe weniger Neid und Vergleichen mit anderen Spielzeugbesitzenden, der Haushalt wäre einiges nachhaltiger und man würde auch nicht nachts barfuss auf einen Legostein drauftreten. Ausserdem käme die Inspiration direkt von der Natur, bzw. von der Realität, von dem, was uns umgibt. Wäre also irgendwie natürlicher, oder?

Aber wir müssen auch realistisch sein. Ich bin ja schon froh, dass es gerade in der aktuellen Jahreszeit LEGO und Co. gibt. Denn irgendwie passen diese Lehmklumpen schon nicht so richtig in unsere mit Spannteppich belegten Zimmer rein.


Oh, da fällt mir gerade ein, ich muss den Kindern dringend sagen, dass sie ihre Lego noch wegräumen, bevor sie ins Bett gehen…

Unsere Hausbäckerei
Wer braucht schon ein Trampolin…

12. Dezember

Überraschende Erkenntnisse zum Thema “Glücklich sein”

Wer von all den Menschen in all den verschiedenen Umständen auf der Welt, kann (oder muss?) glücklich sein? Diese Frage beschäftigt mich regelmässig. Kürzlich stiess ich auf einen Ted Talk, der mir durchaus interessante Gedanken mit auf den Weg gab (https://www.ted.com/talks/dan_gilbert_the_surprising_science_of_happiness?referrer=playlist-the_most_popular_talks_of_all&autoplay=true). Es geht um wissenschaftliche Erkenntnisse zum Thema Glücklich sein oder Zufriedenheit. 

Hier sehr vereinfacht ein paar Punkte, die mich wirklich stutzig machten:

  • Wir stellen uns das Resultat davon, dass in der Zukunft entweder etwas Gewünschtes oder etwas Ungewünschtes eintrifft, viel unterschiedlicher vor, als es dann in Realität sein wird. D.h.: Das Ergebnis von erhofftem Erfolg (wir sehr und wie lange wir glücklich darüber sein werden) bzw. von Misserfolg (wie sehr und wie lange wir deswegen unglücklich sein werden) ist nicht so ausgeprägt wie wir es uns vorstellen.
    Kurz: Es wird entweder nicht so schlimm sein wie befürchtet oder nicht so beglückend wie erhofft, wenn wir z.B. eine Prüfung bestehen oder nicht, wir einen Job bekommen oder nicht, wir eine Krankheit haben oder nicht …
  • Es gibt in unserer Vorstellung zwei Arten von Zufriedenheit:
    1. Die natürliche Zufriedenheit: Sie wird “gefunden”, wenn wir kriegen was wir wollten.
    2. Die künstliche Zufriedenheit: Was wir machen, wenn wir nicht kriegen was wir wollten. Wenn wir uns mit den Umständen in denen wir uns befinden anfreunden und sie akzeptieren.
  • Wir tendieren dazu, die ‘natürliche Zufriedenheit’ zu bevorzugen. Doch ‘künstliche Zufriedenheit’ ist gemäss diesen Studien genau so gut und dauerhaft, wie ‘natürliche Zufriedenheit’. Ausserdem ist sie viel einfacher zu erreichen, da sie ja nicht zuerst irgendwo gefunden werden muss. Das Resultat beider Arten von Zufriedenheit ist nämlich genau dasselbe: Zufriedenheit.
  • Wir wünschen uns Wahlfreiheit. Sie ermöglicht uns, ‘natürliche Zufriedenheit’ zu erlangen. Wir glauben, dass es uns glücklich machen wird, wenn wir das wählen können, was wir am meisten mögen. Beispiele: Wir wollen einen besseren oder höheren Schulabschluss, weil wir dann aus mehr Berufen wählen können. Wir wollen eine grosse Auswahl an Joghurts (und das Geld uns das Gewünschte zu leisten) , weil wir glauben, dass wir dann zufriedener sein werden, als wenn wir in einem Laden einfach nur die eine Sorte Joghurt kaufen können, die es hat.
  • Es zeigt sich allerdings, dass es schwieriger ist, wirkliche Zufriedenheit zu finden, wenn wir stets die Wahl haben und unsere Meinung ändern können. Es ist einfacher, Zufriedenheit in den gegebenen Umständen zu erfahren. Wir werden zufriedener, wenn wir aus einer gegebenen Situation das Beste machen, als wenn wir die Wahlfreiheit haben, die Situation, die wir uns wünschen, zu erlangen.
    Allerdings ist uns das meistens nicht bewusst. 
  • Ja, gewisse Situationen sind erfreulicher (Städtereise nach Paris) als andere (Nierenstein-Operation). ABER: Unsere Vorstellung davon, wie gut das Gewünschte und wie schlimm das Befürchtete sein wird, ist in der Regel übertrieben. Daher sollten wir unser Streben nach dem Erfreulicheren und unsere Angst vor dem Befürchteten mässigen. Denn übermässiges (rücksichtsloses) Streben nach dem Gewünschten oder Vermeiden des Befürchteten (Stichwort “über Leichen gehen”) bereuen wir danach.

Ich behaupte nicht, dass diese Erkenntnisse die letzte Wahrheit sind. Bei Weitem nicht. Aber ich weiss aus eigener Erfahrung, dass mir Einkaufen im Tschad viel mehr Spass macht, als hier in der Schweiz. Und das obwohl die Auswahl hier um ein x‑faches grösser ist. 

Und Leo Tolstoi würde ganz einfach sagen:

Willst du glücklich sein im Leben, dann sei es.

11. Dezember

Ein Hoch auf die Tubu-Mütter

Unser Freund in Libyen hat ein Gedicht über die Tubu-Mütter geschrieben. Er sieht einen grossen Wert in den Frauen, das ist schön und gar nicht mal so selbstverständlich.

10. Dezember

Unschöne Vergänglichkeit und Ohnmacht

Die neu auf dem Markt gekauften Sandalen haben sich nach wenigen Stunden (und unter anderem einem Sturz bei der Töfftaxifahrt durch ein knietiefes Schlammloch) wortwörtlich aufgelöst.

Eigentlich hätte ich es wissen müssen: Die lausigen Schuhe vom Markt muss man immer gleich «verstärken» lassen. Bei der nächsten Gelegenheit finde ich einen ambulanten Schuhputzer und -flicker auf meiner Strasse. Von ihm will ich die Sandalen reparieren lassen, während ich selbst in die Stadt gehe. Wir werden uns einig über den Preis – doch wo soll er die Sandalen deponieren? Ich schlage den Verkäufer vom «TanteEmma-Lädeli meines Vertrauens» vor. Als ich das Ganze dem aus dem «muslimischen Norden» stammenden Verkäufer erklärte, sagte er, dass dieser (offensichtlich aus dem «christlichen Süden» stammende) Flicker nicht gut sei, er besorge einen anderen. Doch ich bestehe darauf, ich hätte diesem schon mein Wort gegeben und den Preis verhandelt. Das muss er als «richtig» akzeptieren, wenn auch missmutig. Andrerseits wagt sich der einfache Schuhputzer nur mit viel gutem Zureden meinerseits überhaupt in den Laden des wohlhabenden Verkäufers. Ich freue mich, dass ich die beiden Ungleichen einander irgendwie auf Augenhöhe vorstellen kann. Doch wie geht es weiter, wenn ich gegangen bin? Die Ohnmacht angesichts dieser täglich gleichzeitig auseinander klaffenden und aufeinanderprallenden Welten, ist kein schönes Gefühl. 
Dankbar hole ich die Sandalen später ab. «Gute Arbeit hat er gemacht», sage ich. Der Verkäufer nickt. Immerhin ein bisschen Anerkennung. 

9. Dezember

Erosion … Vergänglichkeit

Es bringt mich immer wieder zum Staunen, wie unglaublich stark sich Wind, Sand und Temperaturunterschiede auf Gestein auswirken. In der Wüste trifft man auf die schönsten Ergebnisse dieser Erosion. Mit anderen Worten:

Schönheit ist vergänglich.
Vergänglichkeit ist schön.

8. Dezember

Regenzeit

Ein grosser Teil des Tschads besteht aus Wüste, aber nicht nur. In den Sommermonaten gibt es von der Hauptstadt an südwärts eine Regenzeit, auf die lange gewartet wird. Aber sie hat es auch in sich. Oder besser gesagt, sie bringt es mit sich. Das Wasser.

In den letzten Jahren haben wir nur Wintermonate im Tschad verbracht, was mit Abstand die angenehmste Zeit ist. Da wir allerdings planen, in naher Zukunft mehr Zeit im Tschad zu verbringen, um ein neues Kulturzentrum in der Hauptstadt zu eröffnen, könnten uns Situationen wie im Video unten, auch schon bald ereilen.

Hier ein kurzer Clip von Freunden, die einen Computerkurs in der Regenzeit machen: