7. Dezember

Ein Zitat

Oft, wenn mich der Spagat zwischen den Welten überfordert, erinnere ich mich an dieses Zitat:

“Ich weiss um das schreckliche Leiden der Armen, ich habe die Hungernden gesehen und die Waffen des Krieges. Ich habe selbst Schmerz erlebt, aber ich weiss, dass ich mit meinem Leiden die Not der Welt nicht lindern kann. Doch noch mehr trage ich zum allgemeinen Elend bei, wenn ich nicht dankbar bin für das Morgenlicht, das durch die Baumkronen fällt, wenn ich mich nicht erfreue an dem schweren Duft der Rosen am Beginn des Sommers, wenn ich das Lied der Grillen in einer feuchten Nacht nicht beachte, das Rauschen der Flüsse, die Sterne am Himmel, den Regen der fällt, und all die unzähligen guten Gaben, die Gott uns gibt. Die Welt braucht nicht noch mehr Wut, nicht noch mehr Verzweiflung. Es wird der Welt nicht helfen, wenn ich die Freude zurückweise (…) Wer sich aus Solidarität mit den Leidenden der Freude verschliesst, der hilft ihnen nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Die Tapferen, die auf all die guten und schönen Dinge achten – und seien sie auch noch so klein -, die dankbar sind und Freude im Alltag entdecken, sie sind die Botschafter der Hoffnung, die das Licht in die Welt tragen. Wenn wir unsere harten Herzen dem liebenden Regen der Gnade aussetzen und der Freude erlauben, unsere trockene, rissige Erde aufzuweichen, dann wird Leben hervorspriessen. Das ist es, was die Welt braucht. Der Himmel öffnet sich, wenn wir unseren Dank bringen.”

Ann Voskamp, 1000 Geschenke

Dieses Zitat war letztes Mal bereits ein Bestandteil des Tschadventskalenders. Weil ich immer noch am Üben bin, erwähne ich es hier noch einmal. Und füge gerade noch ein paar Fotos hinzu, die einfach nur schön sind und meinem Herzen Freude bereiten.

5. Dezember

Malen wie in der Steinzeit

Auf der Oase haben unsere Kinder Stunden damit verbracht, verschiedene Steine zu Pulver zu zermahlen. Dieses Steinpulver vermischten wir mit Ei und haben mit der daraus entstandenen Farbe ein Bild an die Wand gemalt.

Steinfarbe herstellen und Dattel Lollipop schlecken

Da nach unserem Bild noch mehr Steinpulver produziert wurde, nahmen wir es mit in die Schweiz. Die geniale Idee der Kinder: Ostereier färben mit Steinpulver-Farbe… naja…

Gefürchtet an jedem Eiertütsch-Contest:  Halbhärt Eistein

4. Dezember

Redä wie dä Schnabel gwachse isch…

Es fällt uns oft schwer, zu erklären, was wir eigentlich machen. Irgendwie ist es einfach sehr komplex und vielseitig. Aber wir haben es kürzlich mal wieder versucht auf den Punkt zu bringen. Wer also gar nicht so recht weiss, was wir eigentlich machen, sich aber dafür interessiert, der findet in der folgenden Broschüre hoffentlich Antworten!

3. Dezember

Besuchen und besucht werden

Hier in der Schweiz, wie auch im Tschad, sind Besuche etwas vom Schönsten für uns. Wir lieben es, mit anderen Menschen zusammen zu sein.

Besuch bei Freunden – die Gastgeberin hat Omeletten für alle gebacken zum Zvieri
Oft hat es viele Kinder und ein Bildschirm läuft, falls es Strom hat
Dieselben Leute bei uns zu Besuch
Gemeinsam spielen
Die Besucher machen sich auf den Rückweg

2. Dezember

Spagatbedingte Fragen

  • Dürfen wir ein Ferienhaus mieten, wenn Tausende Menschen im Tschad dieses Jahr ihr Haus in einem Jahrhunderthochwasser verloren haben? 
  • Ist es vertretbar eine Wüstenspringmaus als Haustier zu füttern, wenn das gleiche Hochwasser rund 20’000 Tiere – die Lebensgrundlage vieler Menschen im Sahel – weggeschwemmt hat? 
  • Dürfen wir unseren Kindern Skifahren beibringen, weil wir das als Teil unserer Kultur weitergeben wollen, wenn wir wissen, dass wir damit die Umwelt belasten und den Lebensraum von den Menschen gefährden, deren Kultur wir stärken wollen? 
  • Dürfen wir eine Abstimmung verpassen, wenn Menschen im Tschad nicht einmal wirklich eine Wahl haben, wenn sie alle 4 Jahre zur Urne gerufen werden? 
  • Sollen wir uns «Jogürtli» gönnen, wenn Menschen im Tschad sich die Pulvermilch aus Europa nur knapp leisten können? Vielleicht nur wenn’s Bio ist? Aber wie ist es mit einem leckeren Dessertquark?
  • Ist es angebracht, irgendwelche Getränke zu KAUFEN und das WC mit Trinkwasser zu spülen während im Tschad den meisten sauberes Wasser genauso fehlt wie hygienische Latrinen? 
  • Sollen wir unser etwas verbeultes, in die Jahre gekommenes Auto durch ein E-Mobil ersetzen, wenn das gleiche Vehikel im Tschad noch jahrelang repariert und gebraucht würde? 
  • Muss ein manchmal klemmender Lichtschalter ersetzt werden, wenn die meisten Menschen im Tschad keinen Strom haben? 
  • Darf ich meinem Kind für mehrere tausend Franken eine Zahnspange machen lassen, wenn im Tschad das Geld für die Prophylaxe von Kinderlähmung und die Behandlung von Malaria fehlt? 
  • Darf ich mich darüber aufregen, dass die Barriere wegen eines Güterzugs geschlossen ist, während der Tschad, das grösste afrikanische Binnenland, keinen Meter Eisenbahnlinie hat? 

Um es schon vorwegzunehmen: wir haben keine Antworten auf diese Fragen. Aber wir teilen in diesem Tschadvent einige unserer Gedanken dazu mit euch. 

EinTaxi beginnt hinten in der Mitte auseinander zu brechen
Tomaten und Salat Markt
Mobiler Verkaufsstand
Poulet zum Mittagessen?

1. Dezember

Tschad – Schweiz, ein Vergleich

Vorweihnachtszeit ist auch Vorwehenzeit. Das war nicht nur für Maria so, sondern auch für uns: Anfangs Januar ziehen wir wieder in unsere Winterresidenz. Wir pendeln nicht als Wochenend-, sondern als Jahresanfangs-Aufenthalter zwischen zwei Welten, die ganz schön (und) unterschiedlich sind: Das erlebt man schon beim komfortablen Start vom Flughafen Zürich und der harten Landung in N’Djamena. The Circle in Kloten, einer der 10 besten Flughäfen der Welt, mit mehreren Parkhäusern, zahllosen Shops und ca. 20 Gates und 3 Pisten, befördert jährlich 36 Millionen Passagiere. 

Der Flughafen in N’Djamena ist da überschaubarer. Eine Piste, ein Gate, ein Café im Innern und eine Gassenküche beim Parkplatz (wo man bereits geländegängige Rollkoffer braucht). Passagierstatistiken: Irgendwo ist von gut 200’000 die Rede. 

So kommt man dann an in einer Stadt, das im Lebensqualität-Ranking (3) auf 226 von 230 ist. Ausgangsort Zürich ist auf Rang 2. Ihr werdet sicher erraten, welches Land im Human Development Index auf Rang 3 bzw. 185 von 188 ist, wessen Lebenserwartung (2) die weltweit niedrigste (53 Jahre) oder sechsthöchste (84 Jahre) ist und wo das durchschnittliche Monatseinkommen (1) pro Einwohner (Kinder mitgerechnet!) gut 6’300 Franken ist, bzw. wo die 30’000 francs pro Monat leider nur 45 Franken wert sind. Quizfrage zum Abschluss: Wo kostet 500g Brot 1.20 Franken und wo nur umgerechnet CHF 1.-? Und nun zur Rechenaufgabe: Wo kostet das benannte Brot gut 2% des Monatseinkommens und wo nur 0,2 Promille? 

Fazit: Kann man sich im Tschad 500g Brot pro Tag leisten? Nur wenn man den ganzen Rest mit 15.- bestreiten kann. Nicht umsonst ist es uns ein Rätsel, wovon Menschen im Tschad leben. 

Kullaha, Laffia, Salaam aleekum und Bienvenue in unserem Spagat als Halbnomaden zwischen unserer schönen Alpenheimat und dem 31-mal grösseren und 20 Grad wärmeren Wüstenstaat, mit nur 3 Millionen mehr Einwohnern und ihren 134 Sprachen. 

Der Flughafen in N’Djamena
  1. https://www.laenderdaten.info/durchschnittseinkommen.php
  2. https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Ländern_nach_durchschnittlicher_Lebenserwartung
  3. https://www.ecofinagency.com/public-management/2003-39807-mercer-unveils-its-2019-ranking-of-cities-with-the-highest-quality-of-living

Be-Nässliches und Ge-Nüssliches

Ich, Simon, war kürzlich im Tschad um den nächsten Concours toubou und andere Projekte einzufädeln. Auf dem Hinweg machten zwei Laptops für die Informatik-Kurse von Schweizer Freunden im Tschad den grössten Teil meines Gepäcks aus. Beinahe wären die zwei Geräte auf den letzten Metern noch baden gegangen. Denn die Fahrt mit einem Töfftaxi durch eine Schlammpfütze nahm ein nasses Ende – gut, dass ich den Koffer hochhalten konnte.

Auf dem Heimweg füllte ich den Koffer mit Ge-Nüsslichem fürs #♡tubu-Lädeli. Wir freuen uns auf eure Bestellungen. (NACHTRAG vom 2. November 2022: #♡tubu-Lädeli ist ausverkauft. Bis zum nächsten Mal.)

Erdnussbutter und Erdnüssli

Oasenrückblick

Dankbar blicken wir zurück auf das Kafi Oase. Wir haben uns sehr gefreut über alle, die vorbeigekommen sind.

Und ganz besonders gefreut haben wir uns, dass drei Tubu-Freunde aus der Westschweiz angereist sind und gleich selbst erzählt haben, was sie bewegt.

Offenbar hat es ihnen gefallen, denn diese Fotos fanden wir dann auf Facebook:

KafiOase 2022

Am Sonntag, 28. August ist es wiedermal so weit: KafiOase, das interaktive Café für alle öffnet das Gartentörli. SaharAtmosphäre und Eintauchen ins Oasenleben mit allen Sinnen. Für jedes Alter gibt es viel zu entdecken, erleben und erfahren über die Tubus und unsere Arbeit.

Wir freuen uns, euch nach 4jähriger (whaat?) Pause wieder zu begrüssen. Bis bald!

Ort:
Steinackerstrasse 4, Kradolf.
Für ÖV-Reisende: Vom Bahnhof Kradolf sind es nur 5 Minuten
Für Auto-Mobile: Parkplätze gibt’s gleich nebenan (Neueckstrasse 9)

Programm:
13.30 Uhr:
Hereinspaziert! Der Tee kocht schon.

16.30 Uhr:
Kurze Präsentation: Neues aus unserer Arbeit
Mit den Tubus – für die Tubus und ihre Sprache

19.00 Uhr:
Auf der Oase wird es langsam ruhig

PS: Nur bei gutem Wetter!

Stellt euch mal vor…

…in euer Dorf kommen vier Leute aus dem Tschad. Sie organisieren jedes Jahr einen Schreibkurs für Schweizerdeutsch, obwohl sie selbst nur gebrochen Schweizerdeutsch sprechen. Sie haben eine andere Religion und bringen ihre ganze Familie mit. Das Ende des Schreibkurses ist ein Wettbewerb, wo jeder Teilnehmer einen Aufsatz in Schweizerdeutsch schreiben muss. 

Wer von euch würde sechs Wochen lang jedes Wochenende an diesem Kurs teilnehmen?

Wenn man sich das so überlegt, ist es umso erstaunlicher, dass wir dieses Jahr eine Rekordzahl an Teilnehmer von drei verschiedenen Sprachgruppen hatten. Auch unser Organisationsteam ist wieder gewachsen was sehr schön ist. Vor allem da wir mit diesen Leuten eng zusammenarbeiten und so gemeinsam Probleme lösen und Erfolge feiern dürfen. Das bringt einen näher zusammen. Auch wenn die knapp 20 Leute keine gemeinsame Sprache haben…

Ausserdem ist dieses Jahr das erste Jahr, wo auch verschiedene produktive Sachen im Rahmen des Concours entstanden sind. Das eine sind einige Podcasts in den verschiedenen Sprachen und das andere ist ein Buch, welches die Teilnehmer aus den vorherigen Jahren gemeinsam geschrieben haben. Ein Buch mehr für den Büchertisch, das ist sehr wertvoll! Denn wer will schon eine Sprache lesen lernen, in der es nichts zu lesen gibt?

Das neu entstandene Buch wird präsentiert. Titel: “Dinge, die nicht vergessen gehen dürfen”
Unser Büchertisch mit Büchern in Tedaga, Dazaga und einem ersten Buch in Kanembu.

Aber das wohl eindrücklichste, das in diesem Concours entstanden ist, ist die neu gestaltete Fassade des Kulturzentrums, wo wir uns jeweils einmieten. Alle Teilnehmer konnten etwas an die Wand malen oder schreiben, das ihnen wichtig ist. Aber nicht nur die Teilnehmer vom Concours, sondern auch Passanten, Strassenkinder und Zentrumsmitarbeiter bekamen einen Platz an der Wand. Manche brauchten einen kleinen Schubs, um sich zu trauen, aber schlussendlich war jeder richtig stolz auf sein Bild oder seinen Satz und die Gesichter strahlten über beide Ohren. Geprägt wird die Fassade von zwei tschadischen Vögeln. Einer ist ein ganz kleiner, blauer Schmetterlingsfink. Aber sechs Meter gross steht er neben dem Eingang und trällert stolz sein Lied. Mit dem gleichen frohen und freien Stolz sollen alle Tschader ihre Sprache sprechen! Und der andere Vogel – ein Zugvogel, wird von Buchseiten getragen. Weil man weiterkommt, sich neue Horizonte eröffnen, wenn man lesen kann. Wenn nicht physisch oder im Job, dann aber sicher in seinen Gedanken und hoffentlich auch in seinem Herzen.

Das Kulturzentrum vorher…
… und nachher!

Besonders gefreut haben wir uns darüber, dass jemand unser kleines Zentrum von der Oase (Mosko Hanadii-ĩ) hier auf die Wand gemalt hat! Das schien ihm also auch aus der Ferne noch etwas zu bedeuten!

Hier ein paar Fotos von den verschiedenen Kursen und dem was rundum gelaufen ist. Zum Beispiel die Minibusse, welche Teilnehmer gebracht haben, erste Versuche um das Konzept “Gruppenarbeit” einzuführen, Wiederbelebungsversuch von einem traditionellen Spiel und einem Gerüst das unerwartet mitten im Klassenzimmer stand:

Und zum Schluss einige Fotos von der Abschlussfeier. Für uns interessant ist der Umgang mit einem “Sieg”. Der wird nämlich nicht als etwas persönliches angesehen, sondern es ist der Sieg einer Gruppe.
So hat der Sieger bei den Kanembu mit seinem Preisgeld am nächsten Tag ein Schaf gekauft und ein Festmahl gekocht, das er mit seiner Nachbarschaft geteilt hat.
Der Dazaga Sieger des Wettbewerbs und der, der bei der Verlosung den “Dictionnaire Grand Larousse” gewonnen hat, gehören einer Gruppe Jungs an, die gemeinsam vom Dorf hier in der Stadt ist. Auf dem ganzen Nachhauseweg haben alle 20 Jungs laut geschrien : “On a gagné!” (Wir haben gewonnen!)

Vielen Dank an Cup of Color, für alle diese schönen Fotos! (www.cupofcolor.org)

24. Dezember

“Ich weiss um das schreckliche Leiden der Armen, ich habe die Hungernden gesehen und die Waffen des Krieges. Ich habe selbst Schmerz erlebt, aber ich weiss, dass ich mit meinem Leiden die Not der Welt nicht lindern kann. Doch noch mehr trage ich zum allgemeinen Elend bei, wenn ich nicht dankbar bin für das Morgenlicht, das durch die Baumkronen fällt, wenn ich mich nicht erfreue an dem schweren Duft der Rosen am Beginn des Sommers, wenn ich das Lied der Grillen in einer feuchten Nacht nicht beachte, das Rauschen der Flüsse, die Sterne am Himmel, den Regen der fällt, und all die unzähligen guten Gaben, die Gott uns gibt. Die Welt braucht nicht noch mehr Wut, nicht noch mehr Verzweiflung. Es wird der Welt nicht helfen, wenn ich die Freude zurückweise (…) Wer sich aus Solidarität mit den Leidenden der Freude verschliesst, der hilft ihnen nicht. Das Gegenteil ist der Fall. Die Tapferen, die auf all die guten und schönen Dinge achten – und seien sie auch noch so klein -, die dankbar sind und Freude im Alltag entdecken, sie sind die Botschafter der Hoffnung, die das Licht in die Welt tragen. Wenn wir unsere harten Herzen dem liebenden Regen der Gnade aussetzen und der Freude erlauben, unsere trockene, rissige Erde aufzuweichen, dann wird Leben hervorspriessen. Das ist es, was die Welt braucht. Der Himmel öffnet sich, wenn wir unseren Dank bringen.”

Ann Voskamp

23. Dezember

“Die grösste Ehre, die man einem Menschen antun kann, ist die, dass man zu ihm Vertrauen hat.”

Matthias Claudius

Was wir schätzen an der Zusammenarbeit mit den Tubus ist, dass wir einander auf Augenhöhe begegnen. Tschader aus dem Süden begegnen uns oft mit einer merkwürdig anmutenden Art Unterwürfigkeit. Tubus hingegen fühlen sich gegenüber uns Bleichgesichtern zumindest gleichwertig – wenn nicht sogar überlegen.

Die partnerschaftliche Zusammenarbeit hat ihre Herausforderungen. Doch sie ermöglicht Unglaubliches. Zum Beispiel den Versand eines LKWs von Deutschland direkt nach Bardai. Unser Teamkollege hat einen alten LWK von Hamburg abgeschickt, mit dem Schiff nach Libyen. Von da war das Gefährt “in Tubu-Händen”, anvertraut an einen Tubu in der Schweiz seine Kontakte in Afrika. Gut 4 Monate (und einige Telefonate) später rollte der Lastwagen im der Oasenort ein und konnte vom Team vor Ort in Empfang genommen werden. Was dieses Fahrzeug noch alles leisten wird, wissen wir noch nicht. Unterdessen wurde immerhin schon ein Brunnen gegraben mit dem im LWK mitgereisten Hand-Brunnenbohrgerät. Aber für uns ist es ein “Wahrzeichen” der Zusammenarbeit, die wirklich vieles ermöglicht. Wir fühlen uns geehrt durch diese vertrauensvollen Beziehungen mit unseren Tubu-Freunden.

Unterwegs von der Küste in Richtung Sahara
Zwischenhalt
Empfang in Bardai
Freudige Proberunde vor dem markanten Gebirge von Bardai, das Modell für die Bemalung des LKWs war.

22. Dezember

“Das Leben ist so von Dringlichkeit erfüllt, dass ich es nur langsam leben kann.”

Ann Voskamp

“Wo du auch immer bist, dort musst du ganz sein.”

Elisabeth Elliot

21. Dezember

Ja, tschapdate hat verschlafen. Bzw. auf heute hatten wir noch keinen Beitrag programmiert (nein, wir sind nicht jeden Morgen so früh aufgestanden, dass wir um 6:00 einen Beitrag posten konnten). Aber hey, auch für heute haben wir etwas für euch:

“Angers ist zum Tibesti geworden!”

Apropos verpasst: Um ein Haar wären wir vergangenes Wochenende an eine Tubu-Hochzeit gegangen. Und zwar nach Angers, Frankreich, wo einige Dutzend Tubu-Familien leben. Dank Facebook und WhatsApp-Status haben wir immerhin ein paar Eindrücke erhalten. Diese wollen wir euch nicht vorenthalten. Das Zitat ist ein stolzer Kommentar zu diesen Videos.

20. Dezember

“Es stirbt ein weiterer Tag,

an dem ich Augen, Ohren, Hände hatte

und eine ganze Welt, die mich umgab;

morgen beginnt ein neuer Tag.

Warum werden mir zwei geschenkt?”

G. K. Chesterton
Flughafen von N’Djamena
Faya
N’Djaména – Gemüsefelder am Flussufer
Ende der Trockenzeit
Frisch angepflanzt

“Wie selten erkenne ich das Wunder und die Gnade darin, dass mir zwei geschenkt werden.”

Ann Voskamp

19. Dezember

“Alle Not kommt vom Vergleichen.”

Søren Kierkegaard

Diesen Satz hat meine Mutter oft zitiert. Als Kind empfand ich es nur als ein billiges Abwimmeln meines empörten Ausrufs: “Das ist aber ungerecht!” Und wir machten wir uns dann auch einen Scherz daraus: “Wir sind nicht wie Müllers, die sich immer mit Meiers vergleichen.”

Je älter ich werde und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr Wahrheit und guten Rat sehe ich in Kierkegaards Worten. Wenn ich meine Kinder beobachte, bzw. unüberhörbar wahrnehme, ist es noch immer so: Von etwas weniger zu haben oder etwas, was der Bruder oder die Schwester darf, nicht zu dürfen, ist subjektiv betrachtet eine schwer hinzunehmende Ungerechtigkeit (um es schön auszudrücken). Und es ist unglaublich, wie gut meine Kinder (bzw. wir Menschen?) darin sind, Dinge zu finden, die einem “das Recht geben”, traurig oder wütend zu sein. 

In der Theorie des Sozialen Vergleichs unterscheidet man den Horizontal-, den Aufwärts- und den Abwärtsvergleich. Es kann helfen, sich horizontal, also mit “Ähnlichen”, zu vergleichen, um sich ein realistisches Bild über seine Situation zu verschaffen.

Im Abwärtsvergleich versucht man sich zu trösten damit, dass es ja andere gibt, denen es noch schlimmer geht. Doch ist das “gesund”? Es kann einem helfen, mal aus dem Selbstmitleidskarussel auszusteigen. Aber wirklich eine Lösung ist es nicht – weder für mich noch für meine Wahrnehmung der anderen. Im Wikipedia-Artikel dazu steht: “Gewinn zu ziehen aus einem Vergleich mit Menschen, denen es schlecht geht, steht im Widerspruch mit dem impliziten Verständnis davon, was Fairness darstellt.”

Im Aufwärtsvergleich ist der Referenzpunkt eine Person, die in gewissen Belangen überlegen scheint oder der es “besser geht”. Was habe ich davon? Es kann mich anspornen nachzueifern um an den gleichen Punkt zu gelangen – sofern dazu eine Möglichkeit in Aussicht ist. Wie Studien zeigen, haben wir mit Instagram und Co. immer mehr Ansatzpunkte für Aufwärtsvergleiche. Und damit gehen zunehmend Minderwertigkeitsgefühle einher. Selbstwahrnehmung lässt sich nicht mit Photoshop bearbeiten.

Zurück zu meinem Sohn, der im Gegensatz zu seiner Schwester heute eben nicht Geburtstag hat. Oder meiner Tochter, die heute im Adventskalender KEINE Schokolade hatte – die beiden grösseren aber schon. Ohne Zeitmaschine oder gewaltsame Aneignung der Schokolade ist die Lage aussichtslos. Wer im Vergleich bleibt, kann nicht zufrieden werden. Was dann?

“Schau auf dich. Und schau auf das, wofür du dankbar sein kannst.”

Diesen Rat gebe ich meinen Kindern. Und mir selbst.

18. Dezember

“Indem ich für tausend Dinge dankbar bin – durch meine Achtsamkeit auf die kleinen Dinge -, bremse ich das Tempo des Alltags. Ich achte auf das Schöne und verharre in Raum und Zeit. Hellwach lege ich mein ganzes Gewicht in den Augenblick.” 

Ann Voskamp

Die Oase Faya. Mitten in der grossen Sahara. Ob mit dem Auto oder mit dem Flugzeug: Hier gibt es immer einen Zwischenstopp. Wir kennen Faya nur mit Wind. Starkem Wind. In der Regel heiss. Aber nachts in der kalten Zeit kann es er auch ganz schön kühl sein.

Leider haben wir keine Foto davon gemacht, wie wir mal in Faya ein Zelt abgebrochen haben. Fast hätten wir es als Drachen steigen lassen. Zu unserer Entlastung für dieses Unterlassen muss gesagt sein, dass es vor dem Morgengrauen war.

Letztes Mal hatten wir aber grossen Spass, während das Flugzeug getankt wurde und rannten – oder flogen – wie verrückt auf der Piste rum.

Faya von oben – man sieht wie es zugesandet wird
Oase wie man es sich vorstellt. Hier sprudelt wirklich Wasser aus dem Boden.

17. Dezember

“Der Kampf gegen Vielfalt ist ein Kampf gegen Gott, der diese Vielfalt geschaffen hat.”

Allahuza Wordugu

Dieser Satz stammt aus dem Manuskript einer Kurzgeschichte, die ein Tubu am Schreiben ist unter diesem Pseudonym. Seine Schilderungen aus den libyschen Bürgerkriegen sind dramatisch, schrecklich, traumatisierend. Die Wohngebiete der Tubu-Minderheit wurden phasenweise systematisch bombardiert und Sniper lauerten über ihren Quartieren. “Im Namen Gottes” wurden Tubu-Muslime von Arabischen Muslimen getötet.

Er zitiert hier seinen Bruder, der für gleiche Rechte für die Tubu in Libyen kämpfte und dabei ums Leben kam. Er selbst beschreibt, wie er als Kind wegen seines Tubu-Namen ausgelacht wurde. Ein Name, der nicht einmal offiziell registriert worden war: Mit sechs Jahren musste er feststellen, dass in seiner Geburtsurkunde ein arabischer Namen steht. Denn in Ghaddafis Libyen waren nur islamische – das heisst arabische – Namen in offiziellen Dokumenten erlaubt. Auf Papier durfte ganz allgemein keine andere Sprache verwendet werden.

Offiziell ist das Gesetz Nr. 24 aus 2001, das dies verlangte, nicht mehr gültig. Doch als kürzlich ein anderer Freund die Geburt seines Sohnes – auch mit Tubu-Namen – registrieren wollte, wurde er von Amt zu Amt geschick(anier)t. Erst als ihm ein höherer Beamte ein Schreiben ausstellte, das bestätigte, dass der Name nicht gegen die Religion verstösst, wurde die Registrierung vorgenommen. Sein Sohn heisst “Allači”. Bedeutung: Von Gott geliebt.

16. Dezember

“Meine Zeit drängt voran wie ein mächtiger Strom. Sie fliesst unaufhaltsam und reisst alles mit sich. Nur wenn ich mich in die Strömung der Zeit hineinstelle, mit dem ganzen Gewicht meiner Aufmerksamkeit, kann ich den Lauf der Zeit bremsen. Ich kann die wilde Flut aufhalten, indem ich voll in sie eintauche. Das Leben der Fülle findet sich dort, wo ich mich vollständig in die Gegenwart begebe. Während ich nach dem nächsten Augenblick des Staunens Ausschau halte, verringere ich mein Tempo und tauche ein in die Flut. Die Zeit verlangsamt sich. Der Fluss fliesst langsamer. Er wird tatsächlich immer langsamer. “

Ann Voskamp

15. Dezember

“Klug zu fragen ist schwieriger als klug zu antworten.”

Persisches Sprichwort

Wie wir wissen, was wir auf der Oase gelassen haben und was wir das nächste Mal mitnehmen müssen? Gute Frage.

14. Dezember

“In Eile sein. Schnell zur nächsten Aufgabe hetzen, ohne mich vorher der Aufgabe, die direkt vor mir liegt, richtig gestellt zu haben. Mir fällt kein einziger Vorteil dieser Eile ein. Doch ich erkenne Tausende zerbrochener, versäumter Dinge, die dadurch auf der Strecke geblieben sind… In dieser ganzen Hetze habe ich wirklich geglaubt, ich würde Zeit aufholen. Doch es hat sich gezeigt, dass ich sie nur vergeudet habe.”

Ann Voskamp

Autodidaktische altersübergreifende Gruppenarbeit in bildender Kunst
(a.k.a. Dräckälä mit de Nochberschind)

13. Dezember

“Auch erhofft kommt manchmal unverhofft.”

Erfahrungswert

Tubu-Treffen – unerwarteter Teil 2 von 2

Eigentlich hatte ich ja nur ein Treffen geplant (siehe 11. Dezember), dafür gleich mit zwei Tubu-Freunden. Doch von dem, der schon länger in der gleichen Region wohnt, hatte ich auf meine (auch sehr spontane) Nachricht, dass ich in seiner Gegend sei, nichts gehört.

Als einer der Letzten mache ich mich nach “Schweizer-Tschad-Heimweh-Treffen” auf den Weg zum Bahnhof. Mein Tubu-Freund hatte sich schon früher verabschiedet. Da piepst es in der Hosentasche: «Habe deine Nachricht erst jetzt gesehen – bist du noch da?» Also gut, eine halbe Stunde kann ich ja noch einen Schwatz halten. Einen Bekannten nicht grüssen, wenn man in seinem Ort vorbeikommt, das geht einfach nicht. Schlussendlich sitzen wir zu dritt am See und essen Kebap. Der “Neuzuzüger” liess sich gern auch dazu einladen und lernte seinen Landsmann in der Fremde kennen. Statt einer halben, wurde es eine gute Stunde. Wortwörtlich.

12. Dezember

Wahre Freundschaft wird gefühlt, nicht gesagt. 

Mariecris Madayag

Gemeinsam Kinder betreuen
Gemeinsam Essen
Gemeinsam philosophieren
Gemeinsam Zähne putzen
Gemeinsam Salat essen
Gemeinsam austauschen
Gemeinsam Kind sein
Gemeinsam die Beine baumeln lassen
Gemeinsam Zungen rausstrecken