Raritäten und rare Taten

Es gibt Gefühle mit Seltenheitswert, Gefühle, die wir vor unserem Leben hier in Bardai nicht kannten. Und es gibt in der Schweiz kaum anzutreffende Verhaltensweisen, die wir uns hier angeeignet haben (bzw. mussten).

Zum Beispiel das Gefühl einer Schweissperle, die den Oberschenkel runterkullert, während man ohne anderweitige Anstrengung einfach nur dasteht.

Oder die angenehme Kühle am Kopf, wenn der Wind in den verschwitzten Turban bläst. Ein anderes, unglaubliches Gefühl, löst die warme Brise aus, die den Hintern umweht, wenn man nach Sonnenuntergang über dem Plumpsklo kauert. Und wider Erwarten fühlt sich die durchnässte Stelle eines Kleidungsstücks unangenehm eiskalt an, obwohl es über 40° Grad heiss ist.

Unerhört war für uns zuvor auch, dass das Zirpen von Grillen im Haus lauter ist, als draussen. Aasgeruch im Wohnzimmer war uns ebenfalls fremd, bevor wir hier (allerdings nur ein einziges Mal) Mäusegift einsetzten und dann tagelang kaum mehr ins Haus konnten. Manchmal stinkt es aber auch im ganzen Hof nach Tod, wenn ausserhalb unserer Mauer mal wieder eine Ziege oder ein Esel seine letzten Düfte von sich gibt.

Neu angeeignete Verhaltensweisen sind unter anderem, dass wir uns nach dem Duschen absichtlich nicht abtrocken, um möglichst lange vom kühlen Nass zu profitieren – dennoch fühlt sich das T-Shirt an, wie direkt aus dem Tumbler. Simon kauert neuerdings abends mit der Stirnlampe im Badezimmer um den Bart zu trimmen (damit die Härchen nicht zu weit verweht werden), vor einem Spiegel mit 10 cm Durchmesser. Und wenn wir draussen auf unserem knarrenden Metallbett liegen, können wir Bööggen (diese kantigen Kristalle in unseren trockenen Nasen) oder Spucke direkt aus dem Bett spicken oder spucken. Und um die Nagelstücke beim Fingernägel knipsen kümmern wir uns auch nicht mehr. Im Sand stören nämlich nur andere Nagelstücke: Die Rostigen, von denen wir zwar keine wegwerfen, aber immer noch welche finden von unseren Vormietern.

Apropos: Wir hätten auch nicht gedacht, dass wir mal Sand wischen werden. Aber ihr könnt euch nicht vorstellen, wie schön frisch gewischter Sand im Innenhof aussieht!

PS: Viele der oben beschriebenen Emotionen fehlen uns allerdings in dieser Jahreszeit ein bisschen, denn auch hier hat der Winter Einzug gehalten.

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