Zwei gute Freunde, beides Tubus aus Bardai, sollten gemeinsam einen Workshop leiten. Es ging um traditionelle Spiele. Wir haben den Workshop total aus der Hand gegeben und völlig ihnen überlassen. Trotzdem fühlte ich mich natürlich für das Gelingen verantwortlich.
Während des Workshops gerieten die beiden vor allen Teilnehmern in einen heftigen Streit über eine Spielregel. Der Streit wurde immer lauter und die mittlerweile persönlichen Anschuldigungen immer heftiger. Innerlich fing ich an zu beten, dass Gott doch eine schnelle Lösung schenken würde. Alle sassen stumm und nervös abwartend um die beiden Streithähne herum. Irgendwann reichte es dem einen, er stand auf und verwarf die Hände. Er gehe jetzt, schrie er.
In genau diesem Augenblick klingelte das Telefon des andern. Er entfernte sich schnell von der Gruppe und fing an zu telefonieren. Diese plötzliche Veränderung der Situation ermöglichte es den beiden, wieder runterzufahren und klare Gedanken zu fassen.
So konnten wir schlussendlich den Workshop doch noch zu Ende führen mit dem Fazit: Diese Regeln müssen jetzt aufgeschrieben werden, damit wir das nächste Mal nachschauen können.Bei der Verabschiedung sagte der eine zu mir: “Heute Nachmittag haben wir aber gut gearbeitet, nicht wahr?“
Ein Tubu aus Libyen, den ich vor Jahren in Bardai kennengelernt hatte, hat kürzlich geheiratet. Seine Frau lebt in Frankreich und so hat er mich zur Hochzeit in Nordwestfrankreich eingeladen. Leider habe ich es nicht geschafft, hinzugehen. Dafür wollte ich immerhin ein Geschenk schicken: Die Sprichwortsammlung mit Weisheiten für ihn, ein Rezeptbuch für sie und das Büchlein mit gesammelten Tubu-Namen für ihre gemeinsamen Kindern. Garniert mit einem Hochzeitsfoto das ich auf Social Media gefunden und ausgedruckt hatte. Doch auf der Post kam die erste überraschende Wendung: Ich müsse nochmals umkehren um zuhause ein Zollformular online auszufüllen und mehrfach ausgedruckt mitbringen. Damit sich das Prozedere nicht über Tage hinzog, tat ich das sogleich. Mit etwas weniger Herzblut als in der Widmung der Bücher, deklarierte ich, dass ich mit diesem Versand nicht Umsatz machte und kehrte wieder auf dem Absatz. Bei der Post wurde ich die Sendung, allen Papierkram und einige Franken los. Ich gab das Paket auf, aber nicht die Hoffnung, es würde gut ankommen.
Übersetzung: Das schönste Geschenk von meinem Freund Simon (Wuše)
Ein paar Tage später dann eine weitere überraschende Wendung dieser Post: In seinem Status fand ich diesen Post.
Zum ersten Mal hatte ich Haustiere – besser gesagt Körpertiere. Eine ungute Überraschung nach dem Volleyballspiel im feuchten Sand.
Angefangen hat es so:
Später sah es so aus:
Hakenwürmer lieben die Regenzeit und barfüssige Menschen. Noch lieber wäre ihnen, wenn es kein Antibiotika gäbe. Denn dann würden sie der Blutbahn folgend sich in die Lunge schlängeln, sich hochhusten und wieder runterschlucken lassen um am Ort des Verwesens ihr Unwesen zu treiben. Ich bin froh, sind diese Wesen nun gewesen.
Ich war gelinde gesagt überrascht, dass die Frauen in der Lehrerausbildung nicht annähernd eine Ahnung davon hatten, wie lange ein Meter ist. Eine Fingerlänge? Fast. Wie schwer ist ein Stuhl? 100kg?
Um die Sache mit den Mengen, Längen und Gewichten ein bisschen relevanter und fassbarer zu machen, habe ich ein wöchentliches “Schätz-Spiel” eingeführt. Wie schwer ist mein Telefon, wie breit ist das Fenster, wie viele Datteln sind in diesem Plastiksack?
Abwechselnd sollte eine Person solche Schätzfragen vorbereiten, alle anderen mussten ihre Schätzung abgeben. Die Schätzkönigin gewann einen kleinen Preis. Aus meiner Sicht ein simples Spiel. Für die Teilnehmerinnen war es eine grosse Herausforderung, die dann (wegen des kleinen Preises wahrscheinlich) sehr ernst genommen wurde. Und mich lehrte es erneut vieles darüber, wie überraschend anders sie denken.
Hier ein Beispiel davon, wie schwierig es manchmal war, die Gewinnerin zu bestimmen:
Die Korrektur des Spiels seht ihr auf der Wandtafel.
Frage 1 (Wie viele Steine sind das?). Richtige Lösung: 28. «D», also ich (a.k.a. Dočuiĩ) schrieb 26. Klarer Fall, der Punkt gehört mir.
Frage 2: Wie viele Datteln sind im grossen Sack? Es sind 106. Ich gebe den Punkt an «S» mit der Antwort 109. Da meldet sich «Zm» und sagt, dass sie mit 100 ja NUR 6 daneben sei, sie hätte auch einen Punkt verdient. Ich halte fest, dass nur eine einen Punkt bekommt. «Zm» wird wütend, dass ich so kleinlich bin, denn 6 daneben sei ja schliesslich wirklich fast nichts. Die anderen versuchen die Situation zu deeskalieren, indem sie mir zuflüstern, dass ich «Zm» doch einfach einen Punkt geben soll. Ich mache es nicht, weil es gegen mein Verständnis geht.
Frage 3: Wie viele Datteln sind im kleinen Sack? 34. «Zm» holt klar diesen Punkt.
Frage 4: Wie viele Ernüsse sind im Säckchen? Die richtige Lösung ist 58. Mit 64 gebe ich «D» (also mir) den Punkt. «Zm» meldet sich erneut und meint, das gehe nicht. Die Differenz sei ja 6. Und bei einer Differenz von 6 kriege man schliesslich keinen Punkt. Wenn «D» also hier einen Punkt bekäme, müsse ich ihr bei Frage 2 auch einen geben. Die Stimmung im kleinen, ohnehin aufheizbedarfsfreien Schulzimmer, wird laut und aggressiv. Alle diskutieren durcheinander. Schliesslich schaffe ich es mit Müh und Not mich durchzusetzen und erneut zu sagen, dass nur eine einen Punkt bekommt und zwar diejenige, die dem richtigen Resultat am nächsten ist. Da es Freitagnachmittag war, wollte ich einfach irgendwann noch fertig werden…
Frage 5: Wie viele kg wiegt der Thermoskanne? Alles klar.
Frage 6: Wie viele cm lang ist der Schwamm? Alles klar.
Frage 7: Wie viele Kilogramm ist dieser Kürbis schwer? Die richtige Lösung ist 1,8kg. Alle sind sich einig, der Punkt geht an «S» mit 2,1. Da melde ich mich und sage, dass «D» (ich) aber 1,5 geschätzt habe. Das sei ja ebenfalls 0,3 entfernt vom richtigen Resultat. Erneut geht ein Sturm los, da ich ja zuvor gesagt hatte, dass nur eine einen Punkt bekommen könne. Als ich nach den Gründen fragte, weshalb «S» einen Punkt bekommt und (dummerweise ich!) «D» nicht, war die Argumentation, dass «D» ja schon drei Punkte hätte und «S» noch keinen. Ich in meiner Kleinlichkeit kann das aber nicht akzeptieren, da für mich schlichtweg ungerecht scheint…
Um es kurz zu machen verschenke ich «meinen Preis» (den ja ohnehin ich gekauft hatte) an die Zweitplatzierte und mit erhitzten Gemütern gehen wir nach Hause.
Um an die abgelegenen Oasen zu gelangen, fliegen wir immer wieder mit der Fluggesellschaft MAF. Angesichts der Sicherheitslage und immensen Distanzen sind wir extrem froh um diese Möglichkeit.
Einmal wurde uns von MAF ein Flug gesponsort, weil “unser Pilot” einer von drei MAF-Piloten war, die in einer niederländische TV-Serie portraitiert wurden. Neben Papua-Neuguinea und Surinam zeigten die sechs Episoden im Nationalfernsehen auch das Pilotenleben im Tschad. Hier ein kleiner Zusammenschnitt von den Szenen zum Flug auf die Oase Gouro. Die Evaluation der Dazaga-Schulen kommt leider nicht vor, die Lehrerinnen wollten nicht im Fernsehen sein. Dafür seht ihr, dass der Pilot nicht nur fliegt und ihr schaut dem Arzt über die Schulter, den wir schon mehrere Male mitgenommen haben.
Das Ganze ist in holländisch, was überraschend lustig und doch irgendwie verständlich ist 🙂
Auf YouTube kann man sogar automatisch generierte deutsche Untertitel zuschalten. Da sind manchmal auch überraschende Übersetzungen dabei. Alternative Intelligence heisst das, oder so.
Der Kameramann war die ganze Zeit daran, die Kinder zu filmen, die angenehm ruhig an ihren Ausmalbildern arbeiteten, bevor die Abschlussfeier des „Concours toubou“ losging. Ich ging zu ihm hin, um ihn zu begrüssen. Das Herz lag ihm auf der Zunge als er sagte: “Was ich hier sehe, gefällt mir wahnsinnig gut!” Ich fragte ihn, was denn seine Muttersprache sei. Er meinte, dass er sie eben nicht könne, da er in N’Djamena aufgewachsen sei. Aber dass man hier die Sprache und Kultur dieser Leute so wertschätze und fördere, das berühre ihn sehr. Und tatsächlich. Die beiden Journalisten blieben knapp vier Stunden da. (Normalerweise verschwinden sie nach ein paar guten Aufnahmen wieder.) In einer anschliessenden Nachricht schrieb er uns: Das ging mir direkt ins Herz.