Überraschend einfach

14. Dezember

Überraschend einfach ist es geworden, das Tudaga- oder das Dazaga-Alphabet zu lernen. Endlich konnten wir eine Leselern-App machen! Mit diesem Anliegen haben wir uns bereits seit 10 Jahren an verschiedene Organisationen und Leute gewendet. Allerdings ist nie was daraus geworden, bis jetzt kürzlich eine neue “App-Vorlage” von SIL rausgekommen ist. Innert kurzer Zeit nahmen wir Buchstaben, Silben und Wörter auf, sandten diese an SIL ein und erhielten die fertigen Apps.

Doch dann kam völlig überraschend Gegenwind von zwei engen Tubu-Freunden aus Libyen. Sie kritisierten auf merkwürdige Weise den pädagogischen Ansatz der App und baten uns, die App wieder zu löschen. Wir waren ratlos und verärgert. Es brauchte einige Tage und Telefonate um schlussendlich rauszufinden, was das eigentliche Problem war: Die Farben gelb und blau im App-Logo. Diese beiden Farben erinnern an einen bereits lange andauernden Streit über eine mögliche Tubu-Flagge. Kurz, es wurde uns unterstellt, dass wir mit der Farbwahl dieses Logos uns für die eine Flagge positionieren.

Aber da drauf konnten wir reagieren. Denn das Logo ist vorgegeben, unveränderbar und für alle Sprachen der Welt dasselbe. 

Nachdem wir also den Kern des Problems entdeckt hatten und darauf reagieren konnten, hat sich die App überraschend schnell verbreitet – auch in Libyen. Wer traut sich die Apps runterzuladen und ein paar Wörter Tedaga oder Dazaga zu lernen? Überrascht uns mit eurem neuen Können!

Download direkt auf den Homepages der beiden Sprachen – allerdings nur für Android:

Verbindender Tee

13. Dezember

Im Frühling haben wir als Zentrum die Anfrage erhalten, in Tudaga, Dazaga und Kanembu je 600 (!) Minuten Sprachaufnahmen zu machen und dann zu transkribieren. Eine Technologie-Firma will für hunderte Lokalsprachen Spracherkennung programmieren. Wow – das ist eine willkommene Förderung dieser Sprachen. Aber es war eine Mammutaufgabe. Jeden Tag war ein Dutzend Leute da, jedes Tablet und jeder vorhandene Computer waren in Betrieb. Insgesamt mussten über 2400 kleine Dateien auf knapp 20 verschiedenen Geräten erstellt, überprüft und richtig abgespeichert werden.

Genaues Hinhören beim Transkribieren
Vollbetrieb
Letzte Revisionen – heute ist Abgabetermin

Ganz stillschweigend beobachteten wir dabei eine weitere Entwicklung: Das Kanembu-Team ist jetzt auch dabei in der Teepause, wo jeden Morgen in heiterer Stimmung zusammen geplaudert, diskutiert oder UNO gespielt wird. Bis vor ein paar Monaten nahmen sie zwar Tee an, blieben aber an ihrem Tisch und arbeiteten weiter. Heute gehören sie richtig dazu. Ein feiner Duft von Versöhnung, Gräben überwinden – eine gute neue Ausgangslage für die weitere Zusammenarbeit! Und ein Mitglied der Kanembu-Teams sagte kürzlich zu Anja: “Weisst du, warum ich jeden Tag hierherkomme und so viel rede? Weil ich hier so viel lernen kann!”

Nachbarschaft und Freundschaft

12. Dezember

Für Erwachsene scheint es sehr schwierig, eine tiefe Freundschaft über die grossen kulturellen Unterschiede hinweg zu entwickeln. Schön zu sehen ist, dass es bei den Kindern überraschend gut funktioniert! Mit den Kindern unserer nächsten Nachbarn, der Familie des Wächters, sind sie dicke Freunde geworden.

Was darf’s sein? Verchoiferlis mal etwas anders.
Blattstilbändeli knüpfen
Tschadtauglich: Instant-Kunstschnee, lauwarm 😅
Geburtstagsfest bei uns
Geburtstagsfest bei Nachbars
Backen macht Freu(n)de

PowerPoint-Workshop

11. Dezember

Ziemlich kurzfristig bekamen wir im Zentrum für eine Woche einen “Praktikanten”. Frisch aus Europa, leitete er einen kleinen PowerPoint-Workshop in unserem Zentrum für unsere Mitarbeitender und andere Interessierte.

Am Ende der Woche präsentierten alle ihre Präsentationen, die überraschend gut daherkamen!

Einer der jungen Teilnehmer sprach über die Traditionen in seiner Kultur. Er sprach übers Essen, Tierhaltung, Tänze und auch übers Thema “Heiraten”. Seine Ausführung dazu war ungefähr folgendermassen: “Bei uns gibt es zwei Arten, wie du heiraten kannst. Entweder du wirst vermittelt und bezahlst den Brautpreis oder du entführst die Frau einfach.”
Könnt ihr euch den überraschten Blick unseres Praktikanten vorstellen?

Überraschende Reiseerlaubnis

10. Dezember

Dass wir sechs Frauen gefunden haben, die zu uns in die Hauptstadt in die Ausbildung kommen durften, ist alles andere als selbstverständlich. Jede dieser erwachsenen Frauen braucht die Erlaubnis ihres Mannes, oder falls noch nicht verheiratet, die ihres Vaters, um in die Stadt zu reisen und später als Lehrerin zu arbeiten. Diese Erlaubnis bekommen längst nicht alle.
Auch Zara bekam sie nicht, obwohl wir sie sehr gerne dabeigehabt hätten. Verschiedene Überzeugungsversuche sind gescheitert. Erst 10 Tage nach Kursbeginn, erreichte uns aus heiterem Himmel die Nachricht, dass Zara jetzt doch kommen dürfe. So machte sie sich auf die 3–5-tägige Reise um den Rest der Ausbildung mitzumachen und mit Bravour abzuschliessen. 

Das freute uns wahnsinnig! Für uns in der Schweiz ist das vielleicht nichts Besonderes, aber für die Situation hier, ist dieser Sinneswandel von grosser Bedeutung: In einer Region, wo strenger Islam auf dem Vormarsch ist und Arabisch die Lokalsprachen verdrängen will, hat ein weiteres Familienoberhaupt einen mutigen Entschluss gefasst: Seine Tochter soll die Chance auf eine Ausbildung haben und somit auch auf einen Job, auf ein bisschen Unabhängigkeit. Mehr noch: Seine Tochter soll dazu beitragen, dass Bildung dank muttersprachlichem Unterricht bei den Kindern der Oase «ankommt», ihren Horizont und ihr Denken erweitert. Wir sind hoffnungsvoll, dass dies die nächste Generation positiv verändern wird.

Die sechs Dazaga-Lehrerinnen bei der Diplomübergabe. Nach 6 Wochen Ausbildung unterrichten sie jetzt. In ihrem Dorf, in ihrer Sprache, ihre Nichten, Neffen und Nachbarskinder.

Überraschend weitreichend…

9. Dezember

…ist der Einfluss von Elon Musk. Mittlerweile haben so viele Menschen in der Wüste Starlink, dass ich sogar mitten in der Sahara an einem obligatorischen Onlineseminar zum Thema Statistik teilnehmen konnte. Gefühlsmässig bringt man in so einem Moment die beiden Welten unmöglich zusammen. Aber immerhin technisch geht’s. 

Hier an der Landepiste von Bardai hat es nichtmal Handyempfang. Aber wer Starlink (hier das Modell mit Kühlerhaube-Magnet-Montage) hat, kann auch hier Video-Konferenzen abhalten.

Überraschend frei

8. Dezember

Es ist jedes Jahr eine Überraschung, was am Tubu-Kulturtag passiert. Oder ob. Letztes Jahr fand nichts statt. Ausser eine Medienkonferenz, bei der informiert wurde, das sei nicht der Moment zum Tanzen, da vor kurzem Überschwemmungen grossen Schaden an gerichtet hätten im Tibesti. Zum Hochwasser in der Sahara in einem späteren Beitrag. Dieses Jahr wurde der Veranstaltungsort erst ein paar Stunden bevor es losging beschlossen und bekanntgegeben. Aber ein Erfolg war es doch, wie ihr im Video seht. Als Centre culturel Palmeraie durften wir (sofern wir genug spontan und flexibel waren) wieder die Gedichtlesung in Tudaga und Dazaga organisieren und den Büchertisch aufstellen.

Überraschend frei: Während bei den Tubus im normalen Leben Männer und Frauen quasi in Paralleluniversen unterwegs sind, begegnen sie sich beim traditionellen Tanz erstaunlich ungezwungen.