10. Dezember
Dass wir sechs Frauen gefunden haben, die zu uns in die Hauptstadt in die Ausbildung kommen durften, ist alles andere als selbstverständlich. Jede dieser erwachsenen Frauen braucht die Erlaubnis ihres Mannes, oder falls noch nicht verheiratet, die ihres Vaters, um in die Stadt zu reisen und später als Lehrerin zu arbeiten. Diese Erlaubnis bekommen längst nicht alle.
Auch Zara bekam sie nicht, obwohl wir sie sehr gerne dabeigehabt hätten. Verschiedene Überzeugungsversuche sind gescheitert. Erst 10 Tage nach Kursbeginn, erreichte uns aus heiterem Himmel die Nachricht, dass Zara jetzt doch kommen dürfe. So machte sie sich auf die 3–5-tägige Reise um den Rest der Ausbildung mitzumachen und mit Bravour abzuschliessen.
Das freute uns wahnsinnig! Für uns in der Schweiz ist das vielleicht nichts Besonderes, aber für die Situation hier, ist dieser Sinneswandel von grosser Bedeutung: In einer Region, wo strenger Islam auf dem Vormarsch ist und Arabisch die Lokalsprachen verdrängen will, hat ein weiteres Familienoberhaupt einen mutigen Entschluss gefasst: Seine Tochter soll die Chance auf eine Ausbildung haben und somit auch auf einen Job, auf ein bisschen Unabhängigkeit. Mehr noch: Seine Tochter soll dazu beitragen, dass Bildung dank muttersprachlichem Unterricht bei den Kindern der Oase «ankommt», ihren Horizont und ihr Denken erweitert. Wir sind hoffnungsvoll, dass dies die nächste Generation positiv verändern wird.

